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Teil 1: Wie Sie Widerstände beim Umsetzen von Veränderungen wirksam abbauen

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April 14, 2021 | Leadership und Organisationsentwicklung

Kommt Ihnen das bekannt vor? Sie möchten als Führungskraft eine Veränderung in Ihrem Bereich umsetzen, haben eine neue Strategie entwickelt und die entsprechenden Ziele und KPIs mit Ihren Mitarbeitenden festgelegt. Doch die Umsetzung der Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele geht nur sehr schleppend voran. Ihre Mitarbeitenden setzen die Veränderung nicht in ihrem Arbeitsalltag um. Woran liegt das?

Die Staufen Change Management-Experten Dr. Dirk Bayas-Linke und Ulrich Beck kennen diese Situation sehr gut und beobachten sie bei vielen Firmen im Rahmen ihrer Veränderungsprozesse. In einer Reihe von drei Blogartikeln erklären sie, wo mögliche Ursprünge eines solchen „Widerstands“ sind und wie Sie sie als Führungskraft gemeinsam mit Ihren Mitarbeitenden wirksam abbauen können. Im nachfolgenden Artikel beschäftigen sie sich mit den ersten beiden typischen Widerstandsgründen.

Widerstand bedeutet Beteiligung

Bevor wir hier mögliche Hintergründe und mutmaßliche Ursachen von Widerständen diskutieren, sei gesagt, dass Widerstand eine durchaus positive Absicht verfolgt, zumindest aus der Perspektive der Person, die im Widerstand ist. Möglicherweise gibt es Wichtiges zu bewahren oder schlicht die Sorge, das Neue könnte schlechter sein als das Bisherige. Widerstand ist eine Form der Beteiligung und „gehört gehört“. Dazu ein kleines Gedankenspiel: Wann waren Sie zuletzt im Widerstand? Welche Gedanken sind Ihnen da durch den Kopf gegangen und welche Emotionen haben Sie bewegt? Was war Ihre (positive) Absicht hinter Ihrem Widerstand? Nun denken Sie an eine Situation, in der Ihnen Widerstand entgegenschlägt. Welche Gedanken sind da in Ihrem Kopf abgelaufen, welche Emotionen haben Sie bewegt? Widerstand ist eine Frage der Perspektive und dahinter steht in der Regel eine durchaus wertvolle und positive Absicht aus der Perspektive der Person, die im Widerstand ist.

Mögliche Gründe des Widerstands

1. Ihre Mitarbeitenden haben „Ihre“ Veränderung noch nicht „verstanden“.

Möglicher Widerstandsgrund:

Obwohl Ihre Mitarbeitenden Ihre neuen Ziele und Pläne offiziell annehmen, bedeutet dies nicht zwingendermaßen, dass sie daran glauben oder von ihnen überzeugt sind. Ganz im Gegenteil! Denken Sie an eine Situation zurück, in der Sie ein Projekt initiiert haben und auf Widerstand gestoßen sind. Angenommen, die Belegschaft hätte Ihnen die ernsthafte Frage gestellt, worauf genau das Projekt die Antwort sein soll, was hätten Sie geantwortet? Hand aufs Herz, die wenigsten Initiatoren von Veränderungen haben sich mit dieser Frage auseinandergesetzt. Wir glauben allzu leicht, auf einer „Handlungsebene“ das Richtige zu tun, ohne dass wir den Anlass für ein Handeln tiefergehend geklärt haben. Häufig denken wir ausschließlich in Zielen, die erreicht werden sollen. Inwieweit diese Ziele jedoch im Zusammenhang mit einem Ausgangszustand oder dem wirklichen Problem stehen, bleibt in der Praxis oftmals offen. Auch die Frage, inwieweit die Mitarbeitenden „Ihr Problem“ überhaupt als Problem sehen, bleibt in der Regel offen.

Es stellt sich also die Frage, inwieweit Ihre Mitarbeitenden die Möglichkeit hatten, sich mit Ihrem Problem auseinanderzusetzen und inwieweit es dadurch auch zu deren Problem wird. Wozu sollte jemand an Bord kommen, dem es an Land an nichts fehlt? Die Bereitschaft wird sich ggf. verändern, wenn die Mitarbeitenden selbst einen Blick auf die Wetterkarte werfen können, um sich mit den Gefahren auseinanderzusetzen, die ein aufkommender Sturm mit sich bringt. Freilich ist nicht jeder Anlass mit dem Risiko eines heranziehenden Sturms vergleichbar. Dennoch zeigt dieses Bild, wie wichtig die Erfassung des Status quo ist.

Wie Sie als Führungskraft vorgehen können:

Damit liegt auf der Hand, welche Optionen Sie als Führungskraft haben, wenn Ihre Mitarbeiter eine anstehende Veränderung noch nicht verstanden haben oder mittragen können: Beteiligung! Verschaffen Sie ihnen Möglichkeiten einer aufrichtigen Beschäftigung mit der Ausgangslage. Diskutieren Sie Perspektiven und Risiken eines „Weiter so“. Natürlich können Sie nicht jede Veränderung mit jedem Einzelnen diskutieren. In jedem Fall haben Ihre Leute jedoch einen Anspruch auf Klarheit und Transparenz. Dazu ist eine plausible und nachvollziehbare Beschreibung der Veränderung vom Anlass über das Ziel bis zu allen Handlungsfeldern, die Sie zu diesem Ziel führen werden, ausgesprochen hilfreich. 

2. Ihre Mitarbeitenden haben die Änderung zwar verstanden, sind von der Sinnhaftigkeit jedoch nicht überzeugt.

Möglicher Widerstandsgrund:

In unserem Blogartikel „Der Change-Wegekompass: Wie Sie Veränderungsprozesse wirksam planen und steuern“ haben wir den strukturellen Rahmen, in dem sich Personen verhalten können, beleuchtet. Dabei haben wir festgehalten, dass bei Veränderungen stets alle drei Systemebenen – „Organisation“, „Person, Funktion und Rolle“ sowie „Teams“ – im Auge behalten werden sollten. Wenn die Mitarbeitenden „offiziell annehmen“, oder sagen wir besser, „nicht widersprechen“ (obwohl sie ggf. größere Bedenken in sich tragen), dann könnte das etwas mit den Rahmenbedingungen zu tun haben, die auf der Organisationsebene gesetzt sind. Was verhindert „strukturell“, dass die Mitarbeitenden widersprechen? Was bräuchte es, damit sie es in aller Öffentlichkeit tun? Strukturell meint hier: Entscheidungen. Welche Entscheidungen hat die Organisation getroffen, die dieses Verhalten möglich machen bzw. die verhindern, dass die Mitarbeiter sich offiziell einbringen können?

Neue Ziele scheinen manchmal für Mitarbeitende nicht bindend zu sein. Nehmen wir als Beispiel ein Vertriebsteam, das von der Geschäftsleitung die Vorgabe bekommen hat, ein neues Produkt in den Markt zu bringen und so im ersten Jahr ein Umsatzwachstum von 40 % zu erzielen. Wenn dieses Team, oder einzelne Mitarbeitende, nicht vom Marktpotenzial des neuen Produkts überzeugt sind, wird ihr Kommittent in Bezug auf dieses Ziel ggf. eher zurückhaltend sein. Vor dem Chef werden sie das Ziel womöglich annehmen. Doch im Team sind folgende Aussagen denkbar: „Seien wir ehrlich: Wir werden das neue Produktwachstumsziel sowieso nicht erreichen. Der Kundennutzen ist nicht so groß, dass sich die Kunden drum reißen werden.“

Nicht selten bekommen Führungskräfte solche Äußerungen mehr oder weniger offen oder informell mit. Ansprechen tun sie diese Zweifel jedoch nicht immer. Auch das könnte eine strukturelle Rahmenbedingung sein, die diese Form der „verdeckten“ Opposition ermöglicht. Es könnten selbstverständlich auch kulturelle Aspekte (und damit informelle Strukturen) sein, z. B. der Glaubenssatz „Widersprich niemals dem Chef vor versammelter Mannschaft“. Wer weiß, welches Verhalten die Belegschaft in der Vergangenheit gelernt hat!

Wie Sie als Führungskraft vorgehen können:

Schaffen Sie systematisch Räume, und damit Strukturen, in denen kritische Auseinandersetzungen ohne Gefahr möglich sind. Sprechen Sie die Situation mit Ihren Mitarbeitenden offen an und lassen Sie sie erleben, dass ein Diskurs keine Gefahr (mehr) darstellt. Hier geht es um Vertrauen, das wie eine junge Pflanze „aufgezogen“ werden muss. Befragen Sie Ihre Mitarbeitenden. Sprechen Sie offene Zweifel in einem konstruktiven, kritischen Dialog an: „Was denkst Du über das neue Ziel? Was steht der Erreichung des Ziels Deiner Ansicht nach im Weg? Was müsste Deiner Meinung nach passieren, damit wir es schaffen können?“ Kommen Sie authentisch und aufrichtig mit Ihren Mitarbeitenden ins Gespräch, das schafft Vertrauen. Dabei wäre es wahrscheinlich auch hilfreich, zu erkunden, was dazu führt, dass die Zweifel in der Öffentlichkeit zurückgehalten werden: „Ich frage mich, was passiert wäre, wenn Du Deine Bedenken in der Besprechung ganz offen angesprochen hättest.“ Auf diese Weise erhalten Sie eine Menge Hinweise, wie Ihre Organisation in diesem Punkt tickt. Zweifel und Bedenken gehören auf den Tisch! Nur dort können Sie ausgehandelt werden.

Auch in dieser Situation stellt sich die Frage, wie die Mitarbeitenden an der Planung der Veränderung beteiligt wurden. Die Veränderung muss für alle beschreibbar sein! Und diese Beschreibung sollte auch bei Ihrer Belegschaft ankommen. Was würden Ihre Mitarbeiter sagen, wenn wir sie fragten, was der Anlass der Veränderung ist und wo die Reise hingehen soll? Erst die eigene Auseinandersetzung mit dem Anlass und dem Ziel führt zu einem Bewusstwerdungsprozess. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass am Punkt der Beteiligung der Belegschaft Nacharbeit erforderlich ist.

Sie möchten noch mehr über typische Widerstandsgründe im Rahmen eines Veränderungsprozesses lesen? Hier gelangen Sie zu unserem zweiten Artikel und hier zum dritten und letzten Artikel dieser Reihe.

Unsere Experten

Dr. Dirk Bayas-Linke

Nach seinem Studium der Pädagogik stieg Dr. Dirk Bayas-Linke als Berater in die qualitative Marktforschung mit internationalen Kunden ein und begleitete u. a. die Marke blend-a-med von der Produktentwicklung bis zur Markteinführung. Anschließend erweiterte er sein Beratungsfeld um die Themen Veränderungsbegleitung, Organisationsentwicklung und Organisationsberatung. Parallel schrieb er in diesem Rahmen seine Promotion zum Thema Organisation und Führung. In seiner langjährigen selbstständigen Beratertätigkeit sammelte er Erfahrungen in unterschiedlichsten Branchen (u. a. Versicherung, IT, Defence, Automotive) und arbeitete dabei mit allen Levels in Organisationen zu den Themen Veränderung, Strategie, Führungssysteme und Organisationsdesigns von der Konzeption bis zur Implementierung. Seit 2018 ist Dirk Bayas-Linke Principal bei Staufen und verantwortet den Bereich Change.

Ulrich Beck

Ulrich Beck hat mit seiner Ausbildung zum Maschinenschlosser technische Wurzeln und war viele Jahre als Konstrukteur tätig. Nach seiner Ausbildung zum Kaizen-Trainer war er mit der Lean Transformation und der Entwicklung des RAFI-Produktionssystems betraut. Dabei hat er neben Kenntnissen zu Lean Management-Methoden auch Erfahrungen bei der Durchführung von Change-Projekten gesammelt. Als freier Trainer für Projektmanagement hat er darüber hinaus ein großes Wissen erworben im Hinblick auf verschiedene PM-Standards und er kennt das Projektgeschäft aus der Praxis. Seit Januar 2015 ist er bei der Staufen AG als Berater tätig.

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