Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, wie wichtig der persönliche Austausch zwischen Menschen ist, dann hat ihn der Best Practice Day 2023 der Unternehmensberatung Staufen eindrucksvoll erbracht. Mehr als 200 Führungskräfte diskutierten Ende Juni in Darmstadt intensiv darüber, wie die Wertschöpfungsnetzwerke der Zukunft aussehen müssen, um flexibler, effizienter und resilienter zu werden.
BMW, GEA, Siemens, Trumpf, Mahle und SEW-EURODRIVE waren nur einige der Global Player, die es sich nicht nehmen ließen, den ersten Best Practice Day der Staufen AG nach der Pandemie-Pause zu nutzen, um den mehr als 200 nach Darmstadt angereisten Inhabern, Top-Managern und Industrie-Experten darzulegen, mit welchen Strategien sie ihre Unternehmen zukunfts- und krisenfest machen wollen.
Wie gefährlich es sein kann, dabei auf kurzfristige Management-Moden zu setzen, erläuterte Frank Krause, Leiter Qualification & Research bei Staufen, zum Kongressauftakt in seinem Impulsvortrag. Zumal, wenn sie mit „Schicksalsrhetorik und Furchtappellen“ befeuert werden. Den Beweis, keine Modeerscheinung zu sein, so der Staufen-Partner, hat Lean Thinking hingegen längst erbracht. Eine gerade in diesen Zeiten wichtige Qualität von Lean: „Das Momentum von Lean liegt im Zwang, scheinbare Sicherheiten aufzudecken.“
Die richtige Balance zwischen Zentralisierung und Freiräumen finden
Auch der Automobilzulieferer Mahle möchte sich und seine Mitarbeitenden vor trügerischen Gewissheiten schützen und setzt dabei auf Ambidextrie. Stefan Land, Vice President Thermalmanagement Europe bei Mahle, erklärte den Ansatz so: „Wir definieren klar unsere strategischen Leitplanken, lassen aber gleichzeitig genügend Raum für Flexibilität.“ Bei Mahle bedeutet das zum Beispiel, neben der strategischen Planung immer auch verschiedene Extremszenarien durchzurechnen. Und auch bei der Führung ist der Automobilzulieferer beidhändig unterwegs. So wird neben den klassischen Vorgaben aus der Linie eine neue Fehlerkultur entwickelt, in der Fehler geradezu eingefordert werden, um mit diesem „Fail-Fast-Ansatz“ die Prozesse deutlich zu beschleunigen.
Die richtige Balance zwischen Zentralisierung und Freiräumen spielt beim Maschinen- und Anlagenbauer GEA ebenfalls eine entscheidende Rolle. „Als fragmentiertes Unternehmen haben wir uns für eine Matrix-Organisation entschieden, um Synergien zu heben, aber gleichzeitig auch alle Bereiche allein erfolgreich laufen lassen zu können“, so GEA-COO Johannes Giloth. In diesem Zuge wurde beispielsweise die Gewinn- und Verlustrechnung wieder an die einzelnen GEA-Divisionen zurückgegeben, während das Thema Nachhaltigkeit zentral gesteuert wird. GEA-Vorstand Giloth: „Sowohl große Kunden als auch Investoren erwarten gute Green-Ratings von uns. Unser Ziel: Net-Zero 2040!“
Wir definieren klar unsere strategischen Leitplanken, lassen aber gleichzeitig genügend Raum für Flexibilität.
Stefan Land
Vice President Thermalmanagement Europe, MAHLE Behr GmbH & Co. KG
„Zukunft wird aus Mut, Neugierde und Leidenschaft gemacht!“
Frank Riemensperger, Mitglied des Präsidiums der Wissenschaftsakademie acatech, ist sogar davon überzeugt, dass viele aktuelle Herausforderungen nur unternehmensübergreifend gelöst werden können: „Einer allein wird die zunehmende Komplexität nicht stemmen können.“ Zwar sieht der ehemalige Deutschland-Chef von Accenture auch die Politik am Zug („Regulierung ist knallharte Industriepolitik“), forderte die Teilnehmenden aber dazu auf, auch die eigene Denkweise zu hinterfragen („Unsere Engineering-Kultur ist noch immer eine Abschottungs-Kultur“).
Ein leidenschaftlicher Streiter für die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland ist auch Johann Soder. Der Geschäftsführer von SEW-EURODRIVE ließ es nicht an der von ihm gewohnten Klarheit fehlen: „Ein modernes Unternehmen muss den Wandel zum smarten Unternehmen vollziehen. Und smart bedeutet: modular, lean, agil, green, resilient.“ Wie das bei SEW aussieht, demonstrierte Soder am Beispiel des neuen SEW-Werks in Graben-Neudorf, wo sich der Kundenauftrag seinen Weg durch die Fabrik praktisch selbst sucht. „Die Zauberformel ist hier die Realisierung einer Mensch-Technik-Kooperation“, so Soder. Den Best Practice Day 2023 beschloss der Industrie-Vordenker dann noch mit einem Appell: „Zukunft wird aus Mut, Neugierde und Leidenschaft gemacht!“ Scheint ganz so, dass menschliche Stärken auch in Zeiten von Künstlicher Intelligenz und Co. so schnell nicht aus der Mode kommen werden.
Alle Informationen rund um den Best Practice Day, Europa’s führender Lean Management-Kongress, finden Sie auf der Best Practice Day Website.
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