Spiel, Satz und Sieg

STAUFEN MAGAZINE 2021 | No. 4 | Rittal | Leadership und Organisationsentwicklung

Zu einer erfolgreichen Lean Transformation gehören ein Team und ein guter Coach. Michael Galler, Vice President Operations der Rittaltochter in China, zieht die Parallele zum Tennis: um einen Top-Spieler zu entwickeln, braucht es einen guten Trainer. Gemeinsam mit Staufen China als Experten für Lean Management initiierte das Unternehmen einen tiefgreifenden Veränderungsprozess. Mit Erfolg: Rittal vollzog den kulturellen Wandel und verbesserte alle wichtigen KPIs.

MICHAEL GALLER

Vice President Operations,
Rittal Electro-Mechanical Technology (Shanghai) Co., Ltd

Im weltweiten Netz der Rittal-Gruppe decken standardisierte Audits Abweichungen oder Auffälligkeiten im Produktionsablauf auf. Bei der chinesischen Tochter fiel Mitte der 2010er-Jahre auf, dass in der Fertigung Verbesserungspotenzial brach lag. Michael Galler, der 2016 faktisch die Leitung des Betriebs übernommen hatte, begann frühzeitig mit einer Transformation Richtung Lean. Dazu gehörte auch ein Lean Management-Schulungsprogramm von Staufen China in den Jahren 2016 / 17. Die ersten eigenständig angeregten Veränderungen erzielten positive Effekte, allerdings noch nicht in der gewünschten Tiefe.

Ab 2018 wurde deshalb Staufen China mit der Unterstützung beauftragt. Ausschlaggebend für die Entscheidung, externe Consultants einzubeziehen, war eine Firmenvisite aus der Zentrale in Deutschland. Carsten Röttchen, Geschäftsführer Produktion bei Rittal, wies in einem Gespräch mit Michael Galler auf die Analogie zum Tennis-Coach hin. Die Wahl fiel auf Staufen, weil „wir keine Berater wollten, die sich aus der Verantwortung ziehen und nur in der Theorie stark sind. Wir wollten einen Partner, der bei der praktischen Umsetzung an unserer Seite steht“, betont Rittal-Manager Galler.

Gemeinsam mit dem Staufen Team rund um Projektleiterin Jacee Cai erstellten die Lean Projektverantwortlichen ein Konzept und unterteilten das Projekt in zwei Bereiche: Für die Teilprojekte im ersten Block verantwortete Rittal die Umsetzung, der andere Block wurde unter der Regie von Staufen durchgeführt: Shopfloor Management (SFM) und Hancho, die Befähigung der Teamleiter-Ebene. Der dringendste Handlungsbedarf stellte sich beim Shopfloor Management ein.

Mitte 2019 startete der SFM-Pilot offiziell mit der Zielsetzung, die Wahrnehmung von Führungsaufgaben durch die Implementierung von SFM zu stärken und insbesondere das Führungsverhalten zu fokussieren. Gleichzeitig galt es, die internen Ressourcen für Nachhaltigkeit und eine kontinuierliche Verbesserung zu entwickeln. Während der achtmonatigen Pilotphase wurden insgesamt zehn SFM-Informationszentren mit drei Kaskaden aufgebaut und elf Führungskräfte in den folgenden Bereichen geschult und gecoacht: regelmäßige Kommunikation, Prozessbestätigung, Problemlösung und Befähigung von Mitarbeitenden.

Spitzenleistung ist keine Fertigkeit, Spitzenleistung ist eine Haltung

Die von Michael Galler bereits 2016 angestoßenen Veränderungen erwiesen sich im Zuge der Projektumsetzung als ideal. So gab es schon die intern definierten Leitsätze, die von der gesamten Belegschaft gemeinsam erarbeitet worden waren und heute als unternehmenseigener Kompass fungieren. Diese Leitsätze stärken die kooperative und verbindliche Zusammenarbeit und stehen sinnbildlich für die selbst auferlegte Verpflichtung, die eigene Arbeit kontinuierlich zu optimieren:

  1. Denke wie ein Unternehmenseigner!
  2. Spitzenleistung ist keine Fertigkeit, Spitzenleistung ist eine Haltung
  3. Großartige unternehmerische Leistungen werden nicht von einer einzelnen Person vollbracht, sondern von einem Team
  4. Kommunikation stärkt uns
  5. Du brauchst keine Superkräfte, fokussiertes Denken führt dich zum Erfolg!
  6. Es sind nicht allein die Ideen; entscheidend ist die Umsetzung der Ideen
  7. Stetige Verbesserung ist eine kontinuierliche Reise
  8. Eine Investition in die eigene Entwicklung und das eigene
    Wachstum ist nicht selbstsüchtig, sondern Selbstfürsorge

Die Gründe für notwendige Veränderungen offen kommunizieren

Für die erfolgreiche Projektumsetzung ist nach Ansicht von Produktionsexperte Galler maßgeblich die neu gefundene kulturelle Ausrichtung und die Bereitschaft der Belegschaft, Veränderungen anzunehmen, verantwortlich: „Während einer Transformation muss man seine Komfortzone verlassen. Je mehr Leute das schaffen und sich in ihrer neuen Rolle wohl fühlen, desto mehr sind ebenfalls gewillt, mitzuziehen. Wir profitierten von Anfang an von einer zustimmenden Atmosphäre.“

Das positive Anfangsmomentum resultierte aus den Leitsätzen, aber auch aus einer sehr offenen und transparenten Kommunikationspolitik zwischen Consultants, Führungskräften und Belegschaft. So wurden gemeinsam mit Staufen die Gründe für die notwendige Veränderung und eine positive Transformation identifiziert. Dabei wurde bewusst darauf verzichtet, Schuldige zu suchen. Der Fokus lag also nicht darauf, ob jemand etwas falsch gemacht hatte, sondern darauf, einen Prozess oder eine Handlung zu verbessern. Das war gut so, denn vor allem bei einer Neuorganisation des Shopfloors kann innerhalb der Belegschaft sonst schnell eine Abwehrhaltung entstehen, wenn Erfolge, Ziele und Hintergründe der Veränderungen nicht offen kommuniziert werden.

Die Erfolge in China machen in der gesamten Rittal-Gruppe die Runde

Im Falle von Rittal gab es eine klare gemeinsame Linie, die vom gesamten Kreis der Führungskräfte unterstützt und so auch über jede Abteilung in das ganze Unternehmen hineingetragen wurde. Gleichzeitig achteten die Projektverantwortlichen darauf, nicht zu viel auf einmal zu wollen. Stattdessen wurde ein iterativer Prozess mit kleineren und überschaubaren Projekten gewählt. Auch der Zeitrahmen wurde bewusst locker gehalten, um ein zu starres Korsett zu vermeiden.

In der Zentrale in Deutschland wurde der Projektverlauf genauestens verfolgt. Als Projektverantwortlicher kommunizierte Michael Galler regelmäßig die Fortschritte und stieß dabei auf viel Zustimmung für die tiefgreifenden Veränderungen: „Wir wurden umfänglich unterstützt und nicht unter Druck gesetzt. Ich hatte auch nie ein Budgetierungsproblem. Gleichzeitig mussten wir viel Erklärungsarbeit leisten und uns an den Vorgaben des globalen RittalSystems orientieren, damit nicht das Gesamtsystem implodierte.“ Die in China geleistete Arbeit hat sich bei Rittal schnell herumgesprochen – und auch eine Vorbildfunktion angenommen. Denn bevor die Coronapandemie die Bewegungsfreiheit einschränkte, war Michael Galler mindestens einmal pro Monat auf Reisen und stellte die Veränderungen bei der chinesischen Tochter weltweit in der Konzern-Gruppe vor. Im Zuge der Pandemie verlagerte sich die Kommunikation auf digitale Kanäle, der Austausch zwischen den einzelnen Tochterunternehmen hat damit aber sogar noch zugenommen.

Alle wichtigen Kennzahlen haben sich verbessert

Wie erfolgreich die SFM-Veränderungen und die dahinterstehende Lean Transformation waren, beweisen die Kennzahlen. Im globalen Rittal-System gibt es 13 KPI-Zielmarken, von denen die chinesische Tochter in zwölf Fällen deutliche und in einem Fall zumindest leichte Verbesserungen erzielte. So konnte beispielsweise die Durchlaufzeit um 10 Prozent verbessert werden, die Altbestände wurden um 50 Prozent reduziert und die Kundenbeschwerden gingen um 15 Prozent zurück. Die Liefertreue war vorher bereits auf einem exzellenten Niveau und konnte dennoch auf jetzt gut über 99 Prozent gesteigert werden. Dass die Transformation von der Belegschaft sehr gut aufgenommen und mitgetragen wurde, zeigt sich auch daran, dass die Krankentage um 30 Prozent abgenommen haben und die Arbeitssicherheit (Anzahl schwerer und leichter Unfälle bzw. Beinaheunfälle) sich signifikant verbesserte.

Doch trotz dieser guten Performance ist das Projekt Lean Transformation für Michael Galler noch nicht abgeschlossen. Im Gegenteil: „Es ist ein kontinuierlicher Prozess, der im Unternehmen verankert sein muss, damit auch ohne Input von mir oder anderen leitenden Führungskräften der Lean ManagementGedanke lebendig bleibt.“ Es ist halt auch hier ein wenig wie beim Tennis, wo es dem Trainer nicht erlaubt ist, während des Spiels lautstark von außen zu coachen. Der erfolgreiche Matchplan muss vor dem ersten Aufschlag festgelegt werden.

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