Neue Ablauforganisation bei ARBURG
Auch in der kunststoffverarbeitenden Industrie sorgt der Trend zur Individualisierung für immer komplexer werdende Prozesslandschaften. Der Maschinenbauer Arburg reagiert darauf mit einer umfassenden organisatorischen Veränderung.
Für die meisten Menschen beginnt und endet der Tag mit dem Griff zu einem Spritzgussteil aus Kunststoff: der Zahnbürste. Aber auch Spielzeug, die Deckel von Getränkeflaschen oder Brillengestelle werden im Spritzgussverfahren hergestellt. Viele Unternehmen setzen bei der Herstellung dieser Produkte auf Maschinen aus dem Nordschwarzwald. Denn in Loßburg sitzt mit der Arburg GmbH + Co KG einer der Weltmarktführer für Spritzgießmaschinen.
Unternehmen aus den Branchen Automotive, Verpackung, Elektronik, Medizin und viele Weitere vertrauen auf die hochpräzisen und modularen Arburg-Maschinen. „Der Grad an Customizing hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen“, sagt Technik-Geschäftsführer Guido Frohnhaus, „und diese Entwicklung blieb nicht folgenlos, sondern sorgte dafür, dass unsere Prozesslandschaft immer komplexer wurde.“
Zwar hatte man bei Arburg bereits ganz klassisch in den Bereichen Produktion und Montage Lean Management-Methoden erfolgreich eingeführt, doch um die neuen Herausforderungen zu meistern, mussten nun auch die gesamte Auftragsabwicklung sowie die Logistikprozesse angefasst werden. Anfang 2020 wurde daher gemeinsam mit der Staufen AG das Projekt „Shopfloor Management allround“ gestartet. Dahinter verbirgt sich eine umfassende Veränderung bei Arburg. Das Projekt bezieht alle Bereiche von der Materialwirtschaft, dem Einkauf und der Beschaffung über die Produktion bis zur Neuentwicklung von Produkten ins Shopfloor Management ein. Das Ziel: im gesamten Unternehmen einen schlanken Prozess zur Auftragsabwicklung etablieren.
„Jederzeit zu 100 Prozent auskunftsfähig“
Gut zwei Jahre später zieht Projektleiter Sven Keinath, Gesellschafter der vierten Generation der Unternehmerfamilien, eine sehr positive Bilanz: „Wir haben Shopfloor Management erfolgreich in allen technischen Bereichen eingeführt. Der Aufbau der Boards ist im gesamten Unternehmen gleich, aber die jeweiligen Abläufe wurden individuell an die Bedürfnisse der einzelnen Teams angepasst.“ Nach der Einführung habe es im Schnitt nur drei bis maximal sechs Monate gedauert, bis alle Mitarbeitenden richtig im Shopfloor Management angekommen seien, ergänzt Werner Faulhaber. „In dieser Zeit wurde auch die eine oder andere Kennzahl noch einmal überarbeitet“, so der Bereichsleiter Entwicklung bei Arburg.
Guido Frohnhaus überzeugt sich vom Erfolg des bisherigen Projektverlaufs auch gerne bei unangekündigten Besuchen auf dem Shopfloor: „Wenn ich dort plötzlich auftauche, sind die Teams dank der Boards jederzeit zu 100 Prozent auskunftsfähig.“ Shopfloor Management sorgt also bei Arburg nicht nur für Transparenz, sondern gibt allen Beteiligten auch Sicherheit. „Das wirkliche Geheimnis des Shopfloor Management steht nämlich gar nicht auf den Boards“, so Frohnhaus weiter. „Kommunikation, Fokus und Verbindlichkeit sind für mich der eigentliche Mehrwert dieser Methode.“
Eine neue Abteilung als Impulsgeber
Um den neuen Auftragsabwicklungsprozess vollständig rundzubekommen, waren aber auch Eingriffe in die Organisationsstruktur notwendig. Aus Sicht der Arburg-Verantwortlichen war das die größte Veränderung für die Belegschaft. „Früher hatte jeder Bereich seine eigene Logistik, dann haben wir alles zentralisiert“, erklärt der für diesen Schritt zuständige Projektleiter Achim Harter. Er leitet auch die neue Abteilung „Auftragscenter“, die zentral verantwortliche Instanz für Auftragsklärung/-einlastung und Auftragsdurchlauf. Am Anfang habe es dort schon etwas gerumpelt, räumt Harter ein: „Die Kollegen kamen aus ganz verschiedenen Bereichen und hatten ihre Arbeit vorher zum Teil unterschiedlich erledigt. Das Shopfloor Management hat uns aber auch hier geholfen, jeden Prozessschritt systematisch anzuschauen und zu bewerten.“ So konnten am Ende alle Mitarbeitenden mitgenommen und davon überzeugt werden, dass der neue Weg ein guter ist.
„Heute ist die neue Abteilung der Impulsgeber für den gesamten Bearbeitungsprozess“, meint Geschäftsführer Frohnhaus. Doch ohne Unterstützung von außen wäre diese Entwicklung in ihrer Breite und im ersten Moment manchmal auch schmerzhaften Tiefe aus seiner Sicht nicht möglich gewesen:
Die Berater von
Guido frohnhaus
Staufen haben uns effizient und charmant den Spiegel vorgehalten und uns auf knackige Art und Weise dabei geholfen, gemeinschaftlich eine Lösung zu finden. Absolute Pluspunkte: immer praxisorientiert und stets auf Augenhöhe mit allen Beteiligten.
geschäftsführer, Arburg GmbH + Co KG
Shopfloor Management sorgt für Zukunftsfähigkeit
Das Projektziel ist damit erreicht, aber die Transformation bei Arburg noch lange nicht abgeschlossen. Digitalisierung (arburg- Xworld) und Nachhaltigkeit (arburgGREENworld) sind wichtige Themen, um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern. „Die Softwareentwicklung nimmt auch bei uns immer mehr Raum ein“, erklärt Guido Frohnhaus. „Simulationen sind in der kunststoffverarbeitenden Industrie ein großer Hebel für Nachhaltigkeit, weil wir dadurch den Materialverbrauch reduzieren können.“
Entwicklungsbereichsleiter Werner Faulhaber ergänzt: „Wir arbeiten intensiv an der Optimierung der Antriebs- und Steuerungstechnologie sowie am Materialzyklus – Stichwort Kreislaufwirtschaft.“ Auch hier wirkt sich die Einführung des Shopfloor Management positiv aus. Geschäftsführer Frohnhaus: „Wir fokussieren uns jetzt auf die wesentlichen Themen, kommen schneller zu Entscheidungen und arbeiten agiler.“
Werner Faulhaber
Bereichsleiter Entwicklung
ARBURG GmbH + CO KG
Guido Frohnhaus
Geschäftsführer Technik
ARBURG GmbH + CO KG
Achim Harter
Projektleiter
ARBURG GmbH + CO KG
Sven Keinath
Projektleiter
ARBURG GmbH + CO KG
das unternehmen
Die Arburg GmbH + Co KG aus Loßburg (Baden-Württemberg) ist ein Maschinenbauunternehmen und gehört zu den weltweit führenden Herstellern von Spritzgießmaschinen und additiven Fertigungssystemen für die Kunststoffverarbeitung. Die Maschinen werden ausschließlich in Loßburg gefertigt.
3.500
mitarbeitende
34
standorte
1923
gegründet
Magazinartikel über Arburg
Kommunikation, Fokus und Verbindlichkeit
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