Interview

„Als Familienunternehmen denken und handeln wir immer mit Blick auf die nächste Generation“

Interview
April 5, 2022 | Nachhaltigkeit

Seit den 1960er Jahren fertigt Munsch Pumpen, die vor allem in der Chemie und der Metallurgie eingesetzt werden. In zweiter Generation wird das Westerwälder Unternehmen von Stefan Munsch geführt. Im Interview erläutert der Diplom-Ingenieur, warum Nachhaltigkeit bei Munsch schon immer groß geschrieben wurde und warum er sich vom Gesetzgeber manchmal etwas mehr Praxisnähe wünscht.

Ein Interview mit Stefan Munsch, Geschäftsführer, Munsch Chemie-Pumpen GmbH

Portrait Stefan Munsch, Geschäftsführer, MUNSCH Chemie-Pumpen GmbH

Stefan Munsch übernahm als geschäftsführender Gesellschafter 1993 die Leitung der von seinem Vater 1964 gegründeten Munsch Chemie-Pumpen GmbH. Nach seinem Studium an der TU Darmstadt arbeitete der Diplom-Ingenieur vier Jahre bei der heute zu Air Liquide gehörenden Lurgi GmbH als Projektingenieur im internationalen Anlagenbau.

Herr Munsch, Ihr Unternehmen integrierte Nachhaltigkeit und Klimaschutz in die Firmenphilosophie, lange bevor diese zu „Pflichtthemen“ wurden. Hat sich diese Vorreiterrolle für Ihr Unternehmen auch wirtschaftlich als richtig erwiesen?

1993 habe ich die Unternehmensführung übernommen und schnell auf eine Optimierung der Produktpalette gedrängt. Ziel war es, die Effizienz zu erhöhen und den Materialeinsatz zu reduzieren. Aus der intrinsischen Motivation heraus, Verschwendung zu vermeiden, ist unser Nachhaltigkeitsbewusstsein dann kontinuierlich stärker geworden. Am Markt selbst sind wir für unser Engagement zunächst belächelt worden. Aber die Vorteile waren dann doch überzeugend: Denn je höher der Wirkungsgrad, desto kleiner die Pumpen und desto niedriger der Energieverbrauch. Industriepumpen laufen häufig rund um die Uhr – dementsprechend führen schon kleine Verbesserungen zu bedeutenden Einsparungen. Zur Einordnung: Knapp 6 Prozent des Gesamtstromverbrauchs der EU entfallen auf Pumpen. Unsere Branche sitzt also an einem ökologisch großen Hebel. Dass wir mit unserer Unternehmensstrategie richtig lagen, zeigen die Zahlen: In den vergangenen 30 Jahren haben wir unseren Umsatz versechsfacht.

Welche Schwerpunkte setzt die Munsch GmbH aktuell bei ihren Nachhaltigkeitsmaßnahmen?

Neben der kontinuierlichen Optimierung unserer Produkte und Prozesse konzentrieren wir uns zunehmend auf unsere Gebäude und Anlagen. Auch dabei orientieren wir uns an der Leitlinie: Verschwendung vermeiden! Wir kümmern uns also um die richtige Dämmung der Immobilien, schalten unnötige Stromverbraucher ab und installierten Wärmepumpen zum Heizen und Kühlen. Gemeinsam mit Forschern der TU Darmstadt haben wir zudem das Einsparpotenzial für die gesamte Gruppe berechnet.

Das Ergebnis: Wenn wir alle Optimierungsmaßnahmen ausnutzen, können wir noch eine Einsparung von gut 12 Prozent erreichen. Ich hatte mir zugegeben auch mehr versprochen, dennoch setzen wir die erarbeiteten Maßnahmen um. Ein großes Ziel ist es, die eigene Produktion klimaneutral hinzubekommen. Aber auch mit einer neuen PV-Anlage werden wir das nicht erreichen. Da bin ich gespannt, wie wir das gesamtgesellschaftlich als Nation hinbekommen wollen.

Munsch

Wir möchten unternehmensweit und auf allen Ebenen die Sensibilität für die Themen Verschwendung und Ressourcenverbrauch nochmals schärfen.

Stefan Munsch, Geschäftsführer, Munsch Chemie-Pumpen GmbH
Munsch

Die Maximierung des Kundennutzen ist eine der wichtigsten Richtlinien bei Munsch. Wie beeinflusst die Minimierung des CO2-Fußabdrucks Ihre Unternehmensstrategie?

Jeder weiß: Klimaeffizienz ist nicht allein vom Verbrauch abhängig, sondern muss ganzheitlich betrachtet werden – also inklusive Produktion und Recycling-Möglichkeiten. Bezüglich der Verbräuche unserer Pumpen sind wir – ganz im Interesse unserer Kunden – bereits in Vorleistung gegangen und konnten sehr gute Effizienzgewinne erzielen. Künftig werden wir verstärkt die CO2-Emissionen für den gesamten Lebenszyklus betrachten.

Für KMU wie uns ist das herausfordernd, weil wir auf die Kooperation mit unseren Zulieferern angewiesen sind. Wenn ich zum Beispiel über ein deutsches Unternehmen seltene Erde Magnete aus China beziehe, ist es mir oft gar nicht möglich festzustellen, wo und unter welchen Bedingungen die dort eingesetzten Rohstoffe abgebaut wurden. Wir können nicht sofort die komplette Transparenz gewährleisten, sondern müssen schrittweise vorgehen und kontinuierlich besser werden. Wichtiges Hilfsmittel, um die Nachhaltigkeit unserer Produkte über den gesamten Produktlebenszyklus voranzutreiben: die Digitalisierung. Mittels eines digitalen Zwillings können wir einzelne Aspekte in der Wertschöpfungskette genau bestimmen und optimieren, um so den CO2-Footprint zu minimieren.

Munsch Gebäude

Was ist aktuell der stärkere Treiber für umweltbewusstes Unternehmertum, gesetzlicher Druck oder wirtschaftliche Weitsicht?

Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit sind die Treiber und sorgen für Innovationen. Nehmen wir das Thema Lean: Seit 2006 arbeiten wir eng mit der Staufen AG zusammen und optimieren unsere Prozesse. Über die gesteigerte Effizienz produzieren wir nachhaltiger und sind in einem ständigen Verbesserungszyklus.

Auch der Gesetzgeber kann hier ansetzen und einen Rahmen vorgeben, um Verschwendung zu vermeiden. Der Staat gibt also einen Ordnungsrahmen vor und sorgt dafür, dass z.B. über eine CO2 Begrenzung und ein gutes Kreislaufwirtschaftsgesetzt Ressourcen sauber und effizient verarbeitet werden. Da sind wir sicherlich auf dem richtigen Weg, allerdings wünsche ich mir diesbezüglich eine pragmatischere und praxistauglichere Regulierung ohne ideologische Überfrachtung. Die Dokumentationspflichten für Unternehmen dürfen nicht ausufern, Gesetze müssen sich an wirtschaftlicher Realität orientieren. Technologieoffenheit und weniger Staat sind hier angebracht.

Zum Schluss bitte ein Blick in die Zukunft: Welche Ziele verfolgt Munsch in Sachen Nachhaltigkeit?

Wir möchten unternehmensweit und auf allen Ebenen die Sensibilität für die Themen Verschwendung und Ressourcenverbrauch nochmals schärfen. Ziel ist es, eine ganzheitliche Betrachtung von Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und Recycling in der Firmenkultur zu verankern. Speziell in der Produktion überprüfen wir unsere gesamte Wertschöpfungskette. So ist es wenig sinnvoll, Elektromotoren und Gussplatten aus Asien nach Europa zu verschicken, nur um damit komplettierte Pumpen dann wieder zurückzuschicken.

Wir haben uns daher vorgenommen, unsere asiatischen Vertretungen so weit zu ertüchtigen, dass sie die Komplettierung der Pumpenaggregate vor Ort durchführen können. Damit reduzieren wir die Frachtgewichte und Volumen um ca. 60 Prozent. Gleichzeitig behalten wir unser Know-how am Standort Deutschland für das Kernprodukt. Das ist ein Strategieziel für die nächsten Jahre und trägt massiv zur C02-Reduzierung bei. Natürlich kann Europa das 1,5-Grad-Ziel nicht alleine erreichen, das ist eine globale Herausforderung. Dennoch ist es wichtig, mit den ersten Schritten voranzugehen. Wir als Familienunternehmen denken und handeln immer auch mit Blick auf die nächste Generation – da ist die Nachhaltigkeit ein elementarer Bestandteil.


Zum Unternehmen

Als seit seiner Gründung inhabergeführtes Unternehmen beliefert die Munsch Chemie-Pumpen GmbH vom Firmensitz in Ransbach-Baumbach aus den Weltmarkt mit Kunststoffpumpen. Die Produkte der Westerwälder fördern Säuren, Laugen, Abwässer, chemisch belastete, korrosive und feststoffbeladene Medien. Zu den Kunden zählen die Chemie, Metallurgiebetriebe, Bearbeiter metallischer Oberflächen sowie viele weitere Industrieunternehmen. Mit 140 Mitarbeitenden erwirtschaftete Munsch zuletzt knapp 30 Millionen Euro Umsatz.


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Damit der grüne Wandel gelingt, müssen die Unternehmen und ihre Zulieferer enger kooperieren und ihre Transformationsbereitschaft steigern. Das wird voraussichtlich nicht allen gelingen, wie die Ergebnisse dieser Studie belegen.

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