vom Selbstbetrug nach ungenügender Umsetzung.
Seien wir also ehrlich und erinnern wir uns, was wir seit mehr als 25 Jahren wissen (sollten): JIT ist nicht nur die Einführung von Störungsfreiheit bei unseren Prozessen (im direkten wie im indirekten Bereich gleichermaßen), sondern eben auch die Verkettung der einzelnen Prozesse, sodass keine Verschwendung mehr zwischen ihnen entstehen kann. Dazu braucht es Leitprinzipien, die schon lange bekannt sind: beispielsweise das Bestehen auf Lieferanten, die „in der Nähe“ sind, keinen „Global-Parts-Tourism“. Die Krise hat uns deutlich vor Augen geführt, welche Risiken entstehen, wenn Wertschöpfungsketten über den Erdball „verteilt“ sind. Die Organisation der Schnittstellen erfordert Aufwand, es entstehen fatale Abhängigkeiten, wenn sie zerrissen werden.
Heißt das, dass wir die Globalisierung aufgeben oder „zurückdrehen“ müssen? Nein, aber wir sollten das anstreben, was wir Mitte der 90er-Jahre bzgl. der Wertstromgestaltung kennengelernt haben: den Aufbau ununterbrochener Wertströme. Wir kennen die Idee „Local for Local“ seit Langem. Sie sollte zukünftig die Devise sein. Tun wir uns und der Umwelt einen Gefallen und reduzieren wir Transporte von Information und Material auf ein Minimum, indem wir vollständige und eigenständige Systeme dort schaffen, wo unsere Kunden sind. Dazu müssen unsere Bewertungs- und Kostenrechnungssysteme weiterentwickelt werden – eine „Cost per Unit“-Strategie darf nicht mehr das Maß aller Dinge sein. Uns muss es etwas wert sein, so wenig wie möglich zu transportieren. Die verschwendungsarme Funktion des Wertstroms steht im Vordergrund, nicht die Suboptimierung einer Funktion im Unternehmen, sei es das Controlling, die Logistik oder die Produktion. Dazu gibt es nicht nur klassische Vorbilder, wie etwa das Ford-Werk „River Rouge“ von 1928, sondern auch viele moderne wie die Standorte von Toyota in den USA 2. Lassen wir dazu James P. Womack, Gründer und Leiter des Lean Enterprise Institute, zu Wort kommen:
„Die ideale industrielle Zukunft würde natürlich so aussehen, dass jeder von uns in seinem Keller seine eigenen Güter produziert. Richtig? Dann hätte jeder genau das, was er braucht, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, an dem er es braucht. Natürlich wird es in dieser Extremform nicht dazu kommen, aber ich glaube, dass wir in Zukunft mehr und mehr Produktionen in relativ kleinen, finanziell unabhängigen, operational integrierten Komplexen innerhalb der einzelnen Verkaufsregionen sehen werden. Diese Fabriken werden aussehen wie … tja, wie kleinere Versionen von Toyota City.
Toyota ist nach klassischem Verständnis hochgradig deintegriert, das heißt, es stellt so gut wie kein Teil mehr selbst her. Unter Prozessgesichtspunkten hingegen arbeitet das Unternehmen extrem integrativ, indem es mit seinen Lieferanten ersten, zweiten und dritten Grades ein brillantes Joint-Process-Management betreibt. Das ist die Zukunft.“
JAMES P. WOMACK
Quelle: www.brandeins.de, Artikel „Womacks Weisheiten“
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