Interview

„Die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Arbeitsplatz haben“

Interview
September 11, 2023 | Akademie

Im Interview mit Jane Melmuka, Senior Advisor bei Staufen.Inova AG

Die erfahrene HR-Expertin Jane Melmuka unterstützt Staufen.Inova als Senior Advisor. Im Interview erklärt sie, wie Unternehmen mit strategischer Personalplanung und aktivem Wissensmanagement die Folgen des Fachkräftemangels entschärfen können.

Ein Expertenbeitrag zum Whitepaper 2023 „Weiterentwicklung durch Qualifizierung“

Portrait Jane Melmuka

Jane Melmuka

Senior Advisor

STAUFEN.INOVA AG

Jedes zweite Unternehmen ist derzeit auf der Suche nach geeignetem Personal. Zudem sind offene Stellen durchschnittlich fünf Monate vakant. Welchen Einfluss hat diese Entwicklung auf die Performance eines Unternehmens?

Der Fachkräftemangel sorgt unter anderem dafür, dass interne Prozessketten gestört werden und gegebenenfalls neu geplant werden müssen. Dabei kann es durchaus passieren, dass Qualifikation und Erfahrung der verbliebenen Mitarbeitenden den Anforderungen nicht so entsprechen, wie es nötig wäre, um die internen Prozessketten weiterhin in der gewohnten Qualität und Zeit durchlaufen zu lassen. Das kann wiederum Einfluss auf die Auftragserfüllung sowie den Erfolg des Unternehmens haben.

Wie wichtig ist strategische Personalplanung in diesem Zusammenhang und wo stehen die Unternehmen hier heute?

Die strategische Personalplanung ist ein wichtiges Element eines aktiv gelebten „Employee Life Cycle“. Sie hilft, auf der Basis der Ist-Situation mittel- und langfristig sowohl quantitative als auch qualitative Defizite in der Belegschaft zu erkennen. Natürlich müssen dabei auch der demografische Wandel sowie neue Berufsbilder mitgedacht werden. Ziel ist es, die richtige Person zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Arbeitsplatz zu haben, um die Unternehmensstrategie umsetzen zu können. Wichtig: Dazu gehört trotz des Fachkräftemangels auch der Mut, sich von Mitarbeitenden zu trennen. Mein Eindruck ist, dass Unternehmensführung und Personalabteilung die strategische Personalplanung noch zu wenig als Steuerungselement nutzen.

Um damit dann zum Beispiel auch externe Talente für das eigene Unternehmen zu begeistern?

Es ist ein Fehler, wenn Unternehmen nur außerhalb ihrer Unternehmensgrenzen nach Fachkräften suchen, ohne einen Blick in die eigenen Reihen zu werfen. Die Frage ist deshalb: Wie schaffen sie es durch ein aktives Wissensmanagement, grundsätzlich die eigenen Mitarbeitenden und insbesondere diejenigen in Schlüsselpositionen sowie die High Performer zu halten, bevor sie neue Kräfte von außen hinzuholen müssen. Meiner Meinung nach ist das Mitarbeitergespräch – eingebettet in den „Employee Life Cycle“ – dabei das A und O. Führungskräfte müssen dafür gut geschult werden. In diesen Gesprächen zur Personalentwicklung zeigt sich, welche Mitarbeitenden Karrierechancen im Unternehmen nutzen wollen und gefördert werden sollten. Aber auch, welche durch verschiedene Maßnahmen gegebenenfalls nachqualifiziert werden müssen.

PEER-TO-PEER-LERNEN

Den demografischen Wandel als Chance verstehen

„Peer-to-Peer-Lernen“ ist ein kollaboratives Lernmodell und beschreibt eine gleichberechtigte Lernsituation auf Augenhöhe, in der sich Kolleg*innen untereinander zu Ideen, Erfahrungen und Wissen austauschen und mit- sowie voneinander lernen. So werden beispielsweise erfahrene Mitarbeiter mit Digitalisierungsknowhow jüngerer Kollegen versorgt und Jobanfänger profitieren vom Wissen langjähriger Beschäftigter. Alle Beteiligten sind beim Peer-Lernen aufgefordert, sich zu engagieren und temporär die Rolle des Wissensgebers und Wissensnehmers einzunehmen. In einer Gruppe Gleichgesinnter kann es inspirierend sein, denjenigen zuzuhören, die hervorragende Ergebnisse in ihren Aufgabenbereichen erzielt haben.


Organisationen, die grundsätzlich lernfreudig und entwicklungsorientiert sind, greifen individuelle Wünsche nach Erweiterung der Kompetenzen und Fähigkeiten stets positiv und wertschätzend auf.

Jane Melmuka
Senior Advisor, Staufen.Inova AG

Wie wichtig ist es, auch die Expertise der älteren Mitarbeitenden zu nutzen? Welche Hürden sind hier zu nehmen?

60 ist das neue 40! Viele der Beschäftigten fühlen sich in diesem Alter noch fit und dynamisch, sie wollen gerne länger arbeiten. Doch damit das gelingt, muss noch viel passieren. Im Hinblick auf den Gesetzgeber müssen wir wegkommen von der Automatisierung des Rentenalters hin zu einer Flexibilisierung. Es muss Anreize geben für diejenigen, die deutlich länger arbeiten wollen, beispielsweise bis 70. Auf Unternehmensebene ist zusätzlich ein entscheidender Kulturwandel notwendig. Das größte Problem ist derzeit das Mindset der Führungskräfte und dasjenige in den HR-Abteilungen. Die Priorisierung und damit Sensibilisierung für dieses Thema muss in der Unternehmensstrategie verankert sein und ist Chefsache, um das gegebene Arbeitskräftepotenzial ausschöpfen zu können. Denn ich kenne keine Studie, nach der ältere Mitarbeitende weniger leistungsfähig sind als jüngere. Im Gegenteil!

Kommen wir zur anderen Seite des Altersspektrums. Wie wichtig ist es, mehr junge Menschen für ein duales Studium zu begeistern?

Das duale Studium spricht Abiturient*innen an, denen eine rein akademische Ausbildung zu theoretisch und eine klassische Lehre zu wenig ist. Bei einer dualen Ausbildung ist der Praxisbezug von Anfang an gegeben und schon während der Studienzeit wird Berufserfahrung gesammelt. Für die ausbildenden Unternehmen sind die Studierenden deshalb Teil ihres internen Talent-Pools. Die Chancen, nach dem Abschluss direkt übernommen zu werden, stehen für die Studierenden also gut. Meiner Meinung nach sollte deshalb die Möglichkeit eines dualen Studiums an den Schulen möglichst früh vorgestellt werden.

Die Anforderungen an einzelne Berufsbilder sind im Wandel. Wie gelingt es, dass Mitarbeitende die Weiterqualifizierung nicht nur als unangenehmen Umbruch, sondern auch als Chance zur Steigerung der ganz persönlichen Performance begreifen?

Zunächst liegt es immer an einem selbst, ob man sich neue Kompetenzen aneignen will oder nicht. Es motiviert die Mitarbeitenden aber enorm, wenn im Unternehmen generell eine positive Innovationskultur herrscht. Organisationen, die grundsätzlich lernfreudig und entwicklungsorientiert sind, greifen individuelle Wünsche nach Erweiterung der Kompetenzen und Fähigkeiten stets positiv und wertschätzend auf. Sätze wie „Dafür haben wir kein Budget“ oder „Was willst du denn damit?“ sind absolut tabu.

Weiterbildung und Qualifizierung machen Mitarbeitende aber auch für die Konkurrenz interessant. Wie schaffen Unternehmen es, High Performer langfristig an sich zu binden?

Die Fachkräfte wissen heute um ihren Preis. Während man sie vor einigen Jahren noch ziehen ließ, sind Unternehmen nun darauf angewiesen, dass sie bleiben. Das gelingt, indem auf ihre Bedürfnisse möglichst individuell eingegangen wird, interessante Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden und mittels flexibler Arbeitszeitmodelle eine gute Work-Life-Balance garantiert wird.

MIKROTRAINING

Grundkenntnisse on demand

Diese Form des Lerntrainings beschreibt kleine unterhaltsame Lerneinheiten in Form von kurzen Videos, Artikeln, Audio und praktischen Aktivitäten, die leicht in einer Mittagspause oder auf dem Weg zur Arbeit durchgeführt werden können. Mikrotraining ermöglicht es den Lernenden, in ihrem eigenen Tempo voranzukommen. Interaktive Elemente wie Gamification erhöhen die Verarbeitungstiefe und steigern die Lernmotivation. Diese Art des Trainings eignet sich vor allem, wenn methodische Anleitungen („Kochrezepte“) oder Grund- und Methodenkenntnisse on demand vermittelt oder aufgefrischt werden sollen.

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