Interview

Die Perspektive der Geschäftsführung: praktische Erkenntnisse einer Lean Transformation

Interview
Februar 17, 2021 | Akademie, Leadership und Organisationsentwicklung

Die Perspektive der Geschäftsführung

Interview mit Stefan Ott, Gesellschafter und Geschäftsführer der Mitras Composites Systems GmbH

Staufen: Welche Vorteile und Möglichkeiten hat Ihnen die Lean Management Ausbildung geboten, sich und Ihr Unternehmen voranzubringen?

Stefan Ott: Wir generieren mehr Wertschöpfung und versuchen Verschwendung im Lean-Sinne zu vermeiden. Unsere Produkte und Prozesse haben wir nachweislich verbessert. Wir haben unsere Organisationsstruktur und unser Führungskonzept verändert und unsere Denkprinzipien und Verfahren auf Lean ausgerichtet. In einer gewissen Weise haben wir bei der Mitras Composites Systems GmbH bereits vor der Einführung von Lean nach Lean-Prinzipien gearbeitet, doch heute tun wir dies viel bewusster.

Bezüglich der Implementierung von Lean in unserer Organisation stecken wir mittendrin im Prozess. Wir drehen an vielen kleinen Rädern und versuchen alle Abteilungen mitzunehmen. Die Lean-Reise ist für uns ein Thema, das das gesamte Unternehmen betrifft. Alle müssen eingebunden werden.

Meine eigene Lean-Ausbildung hat mir persönlich geholfen, die Lean-Philosophie zu verinnerlichen und Lean-Methoden richtig zu verstehen und umzusetzen.

Staufen: Lean-Maßnahmen werden in Ihrem Unternehmen schon seit einigen Jahren umgesetzt. Wie wurden sie zu Beginn implementiert? Wurde Lean direkt von Anfang an gelebt?

Stefan Ott: Unsere Lean-Reise haben wir bereits 2014 mit einer Lean Six Sigma Ausbildung ausgewählter Mitarbeiter begonnen. Doch wir haben schnell festgestellt, dass Six Sigma für uns keinen Sinn macht, da wir im Produktprogramm der Mitras Composites nur kleinere Losgrößen von maximal 1.5000 Stück fahren. Aus Six Sigma hat sich kein Nutzen ergeben und es ist deshalb im Unternehmen nie richtig angenommen worden. Zwei Jahre nach Beginn der Einführung haben wir Six Sigma deshalb eingestellt und beschlossen, neu zu beginnen: 2016 haben wir dann Lean eingeführt. Die ersten Schritte dieser Einführung waren am schwierigsten, da wir einerseits ein etwas gebranntes Kind waren aufgrund unserer Six Sigma-Erfahrung. Andererseits geht es bei der Einführung von Lean nicht nur darum, neue Tools einzusetzen, sondern auch darum, einen Kulturwandel im Unternehmen herbeizuführen, was ein langfristiges Unterfangen ist.

Staufen: Wie sah Ihre Lean-Reise bisher aus, wie haben Sie angefangen?

Stefan Ott: Als CEO wollte ich Lean unbedingt in unserer Organisation etablieren: Ich bin von Lean begeistert und versuche dies im Unternehmen auch auszustrahlen und andere dafür zu gewinnen.

Unsere Lean-Reise kann man in folgende Schritte unterteilen:

  1. Im ersten Schritt habe ich die Lean-Philosophie meiner Führungsmannschaft nahegebracht und sie davon überzeugt bzw. ihr Commitment für die Einführung von Lean eingeholt. Die Führungsmannschaft hat mich in den weiteren Lancierungsschritten unterstützt, was sehr wichtig war.
  2. Im zweiten Schritt haben wir unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rahmen von zwei Belegschaftsversammlungen über unser Vorhaben, Lean unternehmensweit einzuführen, informiert. Mit kleinen Teams haben wir die Veränderung vorbereitet und in internen Schulungen erklärt, worum es bei Lean überhaupt geht. In diesem Schritt haben wir unseren Mitarbeitern auch versichert, dass es nicht unser Ziel ist, die Belegschaft abzubauen. Wir haben ihnen immer wieder erklärt, dass wir als Unternehmen wachsen wollen und dies nur mit allen Mitarbeitern tun können.  
  3. Als dritten Schritt haben wir mit einem ersten Pilotprojekt im Werkzeugbau begonnen und unsere Rüstvorgänge auf Lean umgestellt. Hier haben wir schnell erkannt, was mit Lean alles möglich ist, und damit auch die Zweifler in unserem Unternehmen überzeugt.
  4. Die Einführung von Lean wurde Schritt für Schritt fortgeführt mit der Implementierung von „5 S“ als Basis, Shopfloor Management, dem Einsatz von A3-Lösungsblättern und Wertstromanalysen.

Staufen: Wie haben Ihre Mitarbeiter auf diese Veränderungen, also auf die Einführung von Lean, reagiert?

Stefan Ott: Unsere Lean-Reise war bisher von viel Überzeugungsarbeit geprägt: Veränderungen sind schwierig und lassen sich nicht einfach anordnen. Nicht alle waren vom neuen Unterfangen begeistert: Manche Führungskräfte haben sofort mitgezogen, andere haben zuerst nur zugeschaut und beobachtet. Wieder andere waren gegen die Veränderung. Auch diese haben wir zu überzeugen versucht.

Das „Tal der Tränen“ haben auch wir erlebt. Wir sind bei der Implementierung von Lean manchmal hingefallen, doch wir sind immer wieder aufgestanden. Wir mussten unsere Firma Stück für Stück komplett umkrempeln. Entscheidend war, dass unsere Führungskräfte mitgemacht haben und Lean nun vorleben. Denn das Essenzielle bei der Implementierung von Lean ist nicht das Anwenden von Lean-Tools, sondern dass eine Veränderung im Kopf geschieht.

Staufen: Wie kamen Sie dazu, sich für eine Ausbildung für Führungskräfte bei Staufen anzumelden? Was war das Ziel, das Sie durch die Ausbildung erreichen wollten?

Stefan Ott: Ich wollte mich weiterqualifizieren, um unsere Führungskultur weiterzuentwickeln und unser Unternehmen voranzubringen. Hierfür war mir wichtig, Klarheit darüber zu gewinnen, wie ich Lean Management mit unserer Strategie verbinden kann. Ich wollte auch verstehen, welche Rolle ich als CEO bei der Implementierung von Lean im Unternehmen übernehmen muss, um eine erfolgreiche Umsetzung zu garantieren. Mir war klar, dass unsere Lean-Reise nur gelingen kann, wenn ich als Geschäftsführer Lean vorlebe.

Staufen: Wie haben Sie diese Ziele erreicht?

Stefan Ott: Den richtigen Durchbruch unserer Lean-Reise haben wir Ende 2019 erreicht mit der Durchführung eines Workshops bei uns im Hause zum Thema „unternehmensweite Strategieentfaltung mit Hoshin Kanri“. Diese Art der Strategieentfaltung hat mich absolut begeistert. Eine Vision und Strategie für unser Unternehmen hatten wir bereits in der Vergangenheit jeweils definiert. Doch wie in vielen anderen Firmen auch haben wir die Strategie „halt entwickelt“. Die Entwicklung einer Strategie ist einfach, doch die Umsetzung ist entscheidend! Hoshin Kanri ist für eine erfolgreiche Strategieumsetzung ein fantastisches Tool.

Im November 2019 haben wir gemeinsam mit unseren Führungskräften, unserem Betriebsrat und Mitarbeitern aus dem gewerblichen Bereich während mehrerer Workshop-Tage unsere Vision neu überarbeitet. Ich habe mich als Geschäftsführer zurückgehalten, denn mir war es wichtig, dass wir gemeinsam eine Strategie entwickeln, zu der wir alle stehen können. Unser Staufen-Berater hat uns hierbei extrem gut unterstützt. Von der Vision und Strategie haben wir unsere Jahresziele und Verbesserungsprojekte abgeleitet, an deren Umsetzung wir dieses Jahr arbeiten und in die 50 % der Belegschaft eingebunden sind.

Staufen: Woran erkennen Sie, dass Sie Ihre Ziele erreicht haben?

Stefan Ott: Wir haben unsere Ziele erreicht. Das Großartige an Lean und Hoshin Kanri ist, dass man etwas tun kann, wenn man im Laufe des Jahres erkennt, dass die Zeit für die Erreichung eines Ziels davonläuft. In unserem Unternehmen ist Lean ein Teil des Alltags geworden; es wurde in den Köpfen der Mitarbeiter verankert. Lean ist kein Projekt, es wird uns unser gesamtes Berufsleben lang begleiten.

Staufen: Wie stellen Sie derzeit sicher, dass Lean Leadership bei den Mitarbeitern ankommt? Wie hat sich Ihr Verhalten und das der Mitarbeiter und Führungskräfte im Laufe der Zeit verändert?

Stefan Ott: Ich nutze Feedback-Gespräche, um dies zu prüfen. Meine Mitarbeiter teilen mir mit, dass unsere Prozesse verstärkt ineinandergreifen. Des Weiteren erkenne ich eine offene Fehlerkultur. Das spürt man in Gesprächen und im täglichen Umgang: Probleme und Fehler werden heute um der Verbesserung willen offen angesprochen und dies wird nicht mehr als persönlicher Angriff gesehen.

Außerdem haben wir Hoshin Kanri Boards aufgestellt und berichten monatlich über alle entsprechenden Projekte. Dies tun wir, um für alle offen darzustellen, woran wir arbeiten. Im Alltag finden jeden Morgen und teilweise auch am Nachmittag Shopfloor Management Meetings mit allen betroffenen Abteilungen statt, in denen OEE-Zahlen ausgewertet werden.

Staufen: Welche Kosten-Nutzen-Rechnung kann man aufstellen, um den Gewinn durch die Ausbildung für das eigene Unternehmen zu bewerten?

Stefan Ott: Lean Management und Leadership haben sich für unser Unternehmen auf jeden Fall bezahlt gemacht. Dies belegen unsere Zahlen. Wir haben unsere Unternehmenskultur verändert, um uns an wandelnde Rahmenbedingungen anpassen zu können. Wenn wir die Zukunft gestalten wollen, benötigen wir eine Kultur der Offenheit, der Transparenz und der Fehler. All dies ist möglich mit Lean Management. Wettbewerber können Technologien kopieren, aber nicht die Kultur. Die Unternehmenskultur macht den Unterschied und gibt den eigenen Mitarbeitern mehr Sicherheit.

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