Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt sprach bei der Staufen AG über „die Zukunft Deutschlands unter erschwerten Rahmenbedingungen“ KÖNGEN. Jens Zimmermann, Vorstand der Staufen AG, verglich das Vortragsthema des Abends mit einem Fußballspiel: Nach einer raschen 2:0-Führung der eigenen Mannschaft holt der Gegner den Rückstand bis zur Halbzeit auf. Das Spiel droht zu kippen. In der Pause muss der Mannschaftskapitän die Spieler wieder aufbauen. Diesen Part übernahm am Donnerstagabend der Gastredner im Köngener Schloss, Arbeitsgeberpräsident Dieter Hundt. Die Unternehmensberatung Staufen AG hatte im Rahmen ihrer Veranstaltungsreihe „Management. Idee und Gestalt“ zu dem Vortrag eingeladen, an dem rund 120 Gäste aus der Wirtschaft teilnahmen. Die Prognosen der wirtschaftlichen Entwicklung seien schon lange nicht mehr so von Unsicherheit geprägt gewesen wie derzeit, sagte Hundt. Die globale Finanzmarktkrise habe mit wachsender Intensität auch die deutsche Wirtschaft erfasst: „Ich bin aber überzeugt, dass wir auch diese Krise meistern werden.“ Optimistisch mache ihn, dass die deutsche Wirtschaft besser aufgestellt sei als viele internationale Wettbewerber. Sie habe ihre Strukturen verbessert und die Eigenkapitalbasis deutlich gestärkt. Auch sei er zuversichtlich, dass sich der hiesige Finanzmarkt schneller stabilisieren könne als in anderen Ländern, weil in Deutschland die Industrieproduktion der Kern der Wirtschaft sei. „Wenn wir keine gravierenden Fehler machen, dann können wir sogar gestärkt aus der Krise hervorgehen“, so der Arbeitgeberpräsident. Die Globalisierung verändere die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit immer größerer Geschwindigkeit. Sich davor zu verschließen sei deshalb eine „überflüssige Diskussion“, so Hundt. Deutschland als Exportweltmeister profitiere von der Globalisierung. 45 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung resultiere aus dem Export: „Das sichert rund jeden fünften Arbeitsplatz.“ Neben der Chance neuer Absatzmärkte bestehe gleichwohl das Risiko ausländischer Konkurrenz. Die Antwort der deutschen Wirtschaft müsse sein, innovative Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und neue Märkte zu erschließen. Die Sorge der Betriebsverlagerung ins Ausland sei in der Bevölkerung vorhanden. Bei Standortentscheidungen spielten laut einer Studie des IW in Köln die Arbeitskosten in 82 Prozent der Fälle eine Rolle, so Hundt. Hier bestehe ein enormer Kostendruck. Er sei aber überzeugt, dass es keine große Verlagerungswelle aus Wettbewerbsgründen geben werde: „Made in Germany steht nach wie vor für höchste Qualität.“ In einer globalisierten Welt sei der Kampf um die besten Ideen und auch Köpfe in vollem Gang, so der Arbeitgeberpräsident und Aufsichtsratsvorsitzende des Automobilzulieferers Allgaier Werke in Uhingen. Bildung und Weiterbildung seien deshalb das zentrale Thema des 21. Jahrhunderts. Das deutsche Bildungssystem kritisiert er als „mäßig“, dass 20 Prozent der Schulabgänger nicht ausbildungsreif seien, sei ein Skandal. Neben der Ausbildung von Fachkräften müssten die Unternehmen aber auch auf die Integration älterer Arbeitnehmer Wert legen. Die Rente mit 67 sei einer der wichtigsten Reformschritte der vergangenen Jahre gewesen, jetzt gelte es Konzepte zu entwickeln, die älteren Mitarbeiter auch einzusetzen. Dazu gehörten auch Alternativen für ältere Beschäftigte in körperlich anstrengenden Berufen. „Auch ältere Arbeitnehmer sind angesichts des demografischen Wandels unsere Zukunft, das müssen wir erkennen.“ In diesem Zusammenhang gelte es jetzt in der sich abzeichnenden Konjunkturabschwächung für die Betriebe, möglichst lange die Mitarbeiter zu halten. Deshalb begrüße er die Entscheidung der Politik, die Kurzarbeit ab Januar für 18 Monate zu ermöglichen. Von der Politik fordert Hundt wirtschaftsfreundliche Entscheidungen wie niedrige Sozialabgaben und keine weiteren Mindestlohnregelungen. Die Gesundheitsreform mit einem weiter steigenden Beitragssatz sei „reiner Murks“. Bei der geplanten Erbschaftssteuerreform seien zwar mitttlerweile die „größten Giftzähne“ gezogen, was die Familienunternehmen betreffe, sie sei aber dennoch äußerst kompliziert und schwer verständlich. „Die deutsche Wirtschaft zieht mit Sicherheit lieber mit der Politik als aus Deutschland weg“, so Hundt. In seinem Schlusswort erinnerte Jens Zimmermann, dass das von ihm eingangs
erwähnte Fußballspiel, das DFB-Pokalendspiel von 1958 mit Beteiligung des VfB
Stuttgart – dessen Aufsichtsratsvorsitzender Dieter Hundt ja ist –, mit einem 4:3-Erfolg der Schwaben endete.