Chinaexperten Ma, Haussmann und Scheuch im Fachdialog bei der Staufen AG Der deutsche Mittelstand ist für chinesische Unternehmen und Investoren äußerst attraktiv. Darin sind sich Cangron Ma, ehemaliger chinesischer Botschafter, Prof. Dr. Helmut Haussmann, Wirtschaftsminister a.D., und Norbert Scheuch, CEO von Putzmeister und Vorstand der Sany Group, einig. Die drei Chinaexperten trafen sich Mitte September zum Fachdialog bei der Staufen AG in Köngen/Stuttgart. Das Credo des Abends: Die KMU in der Bundesrepublik werden nicht darum herumkommen, sich mit dem Reich der Mitte auseinanderzusetzen. Denn, so Scheuch, „dass sich Unternehmen nicht mit China beschäftigen, verhindert nicht, dass die chinesische Konkurrenz ein Auge auf einen wirft.“ Besonders das deutsche Image und Know-how sollen chinesischen Unternehmen zum Durchbruch in der Globalisierung verhelfen. Im Fokus stehen also besonders häufig Hidden Champions und Technologieführer. Doch entgegen der weit verbreiteten Skepsis können sowohl eine Kooperation als auch ein chinesischer Investor deutschen Unternehmen viele Vorteile eröffnen. Laut Haussmann sind sie sogar häufig ideale Wirtschaftspartner. 1972 nahmen China und Deutschland erstmals diplomatische Beziehungen zuei-nander auf. 40 Jahre später beträgt das bilaterale jährliche Handelsvolumen 144,25 Milliarden Euro (Stand Ende 2011) – Tendenz steigend. Knapp 45 Prozent davon entfallen auf deutsche Exporte nach China. Die beiden Länder sind inzwischen der wichtigste Handelspartner des anderen auf dem jeweiligen Kontinent. Deutschland ist zudem der größte europäische Investor in China, laut Cangron Ma beträgt das Volumen insgesamt 220 Milliarden Euro. Allein 7.500 deutsche Unternehmen sind in China tätig. Dagegen agieren nur rund 900 chinesische Firmen innerhalb der Bun-desrepublik, das Investitionsvolumen lag 2010 bei 0,9 Milliarden Euro. Entgegen dem Eindruck, der in der Öffentlichkeit entstanden ist, engagiert sich die deutsche Wirtschaft also deutlich stärker in China als umgekehrt, was vor allem dem unterschiedlichen Entwicklungsstand der beiden Volkswirtschaften zuzurechnen ist. Dennoch steigt die M&A-Tätigkeit der Chinesen an, wobei Europa als Zielregion vor allem seit der Krise 2009 immer attraktiver wird, allen voran Deutschland. Was den deutschen Mittelstand so attraktiv macht
Abgesehen davon, dass Deutschland immer noch der stabilste Standort innerhalb der krisenbehafteten Eurozone ist, bietet der heimische Mittelstand potenziellen Investoren vielversprechende Besonderheiten. Zum einen verfügt er über erstklassiges technologisches Know-how. „Das ist für chinesische Unternehmen natürlich sehr interessant“, so Scheuch. „Aber das allein ist noch nicht ausschlaggebend.“ Das Image und die Bekanntheit des Unternehmens innerhalb der Branche seien mindes-tens genauso wichtig. „Viele chinesische Unternehmen hoffen auf eine Rückkopplung auf den heimischen Markt sowie einen Imagetransfer im globalen Geschäft“, meint Scheuch. Ziel sei immer auch eine Qualitäts- und Funktionsverbesserung der eigenen Produkte. „Oft scheitern Firmen aus China an der Globalisierung ihrer Ge-schäfte, da die Marke außerhalb des eigenen Landes nicht bekannt ist. Vor allem hier im Westen stehen wir einem Käufermarkt gegenüber, auf dem die Kunden stark selektieren. In China ist das noch nicht so, da fällt verkaufen noch leichter.“ Gemeinsam mit einem qualitäts- und servicestarken deutschen Partner seien chinesische Unternehmen für das weltweite Geschäft besser gewappnet – ohne sich gegenseitig zu kannibalisieren. Voraussetzungen für eine erfolgreiche Kooperation
Überlegen deutsche Mittelständler, so wie es Putzmeister getan hat, sich mit chine-sischen Investoren oder Partnern zusammenzutun, sollten sie laut Prof. Haussmann folgende Kriterien im Vorfeld prüfen:
- Ist das Unternehmen offen genug, die chinesischen Eigenarten zu akzeptieren?
- Gibt es schon nachhaltige Erfahrungen mit China?
- Geht das eigene Interesse an China über das wirtschaftliche hinaus, sprich will man sich tatsächlich mit dem Land und seiner Kultur auseinandersetzen?
- Bietet man dem Partner langfristige Reize wie gute Netzwerke, hervorragende Mitarbeiter etc.?
Können alle Fragen mit Ja beantwortet werden, sei das Unternehmen durchaus geeignet, um erfolgreich mit chinesischen Partnern agieren zu können – und sich so auch den chinesischen Markt und sein enormes Potenzial zu erschließen. „Die Vorteile sind in der Regel größer als eine ‚Abhängigkeit’ vom chinesischen Partner“, ergänzt Haussmann. Auch Scheuch kann das bestätigen: „Zwar gibt es große kulturelle Unterschiede, die sich aber überbrücken lassen. Chinesische Investoren neigen meiner Erfahrung nach eher dazu, das deutsche Unternehmen wie bisher arbeiten zu lassen, da sie höchsten Respekt vor deren Können und den Geschäftsprozessen haben – ganz im Gegensatz zu vielen anderen Nationalitäten.“ Cangron Ma versichert, dass sich auch die Regierung Chinas bemühen wird, deutschen Unternehmen das Leben zu erleichtern: „Wir werden uns weiter öffnen und suboptimale Punkte wie den Schutz geistigen Eigentums weiter vorantreiben.“ Der deutsche Mittelstand sollte sich also auf jeden Fall mit China auseinandersetzen. Auch die Entscheidung, sich nicht im Land zu engagieren, solle laut Haussmann bewusst getroffen werden. Dennoch dürften andere fernöstliche Staaten nicht außer Acht gelassen werden: „Eine Asien-Strategie sollte sich nicht nur auf China beschränken – andere Länder sind ebenso im Kommen. Beispielsweise wird Indonesien stark unterschätzt.“ Auf keinen Fall dürfe man aber Angst vor der asiatischen Konkurrenz haben. „Deutschland ist ein idealer Partner für Schwellenländer – eine Kooperation nützt beiden Seiten.“