staufen magazin 2025 ThyssenKrupp Leadership & Organisationsentwicklung

Shopfloor-Evolution

Von reaktivem zu proaktivem Management
Mitarbeitende am Standort Debrecen320
Werk Debrecen Gegründet2017
HAUPTPRODUKTEFedern und Stabilisatoren für die Automobilindustrie

In der Automobilzulieferindustrie, wo Margen knapp und der Wettbewerb hart ist, ist operative Exzellenz keine Option mehr – sie ist überlebenswichtig. Für thyssenkrupp Springs & Stabilizers Hungary war der Weg zur Leistungssteigerung ein radikaler, von der Staufen, part of Accenture, begleiteter Neuanfang in Produktion und Instandhaltung. Das Ergebnis: ein Wandel, der aus Skeptikern Überzeugungstäter machte – und ein Werk, das heute in der Business Unit Maßstäbe setzt.

Als Peter Timkó Ende 2023 seine Rolle als Transformationsmanager im thyssenkrupp-Werk im ungarischen Debrecen antrat, traf er auf ein bekanntes Bild: schwankende Produktivität, häufige Maschinenausfälle, Effizienzverluste – typische Herausforderungen vieler Automobilzulieferer. Frühere Beraterprojekte hatten wenig Wirkung gezeigt und hinterließen eine spürbare Skepsis gegenüber neuen Initiativen.

„Die Konzernzentrale hatte klar erkannt, dass wir unsere operative Leistung verbessern mussten“, erklärt Timkó, mittlerweile Geschäftsführer von thyssenkrupp Springs & Stabilizers Hungary Ltd. „Nicht nur aus Kostengründen, sondern um unsere Wettbewerbsfähigkeit grundsätzlich zu steigern. Wir mussten sowohl unsere Abläufe auf dem Shopfloor als auch unser gesamtes Mindset verändern.“

Nach einer umfassenden Wertstromanalyse konzentrierte sich das gemeinsame Team von thyssenkrupp und Staufen auf zwei Schlüsselbereiche: den sogenannten Back-End-Bereich – also den letzten Abschnitt vor der Auslieferung – sowie die Instandhaltung, die bis dahin hauptsächlich reaktiv agierte.

Key TakeawaysAngesichts des zunehmenden Drucks in der Automobil-Lieferkette startete thyssenkrupp in Debrecen gemeinsam mit Staufen, part of Accenture, eine Lean-Transformation, die bereits nach sechs Monaten deutliche Erfolge brachte.
Key TakeawaysDurch ein neues Shopfloor Management und den Wechsel von reaktiver zu proaktiver Instandhaltung konnten alle relevanten Leistungskennzahlen verbessert werden.
Key TakeawaysStrukturierte Kommunikation, eine durchdachte Layoutplanung und feste Materialflussrollen steigerten nicht nur die Produktivität um 24 %, sondern veränderten auch die Arbeitskultur nachhaltig.
Key TakeawaysHeute gilt das Werk als Benchmark innerhalb der Springs and Stabilizers Business Unit – und zeigt, wie systematische Exzellenz selbst Standorte mit schwieriger Vorgeschichte wieder auf Kurs bringen kann.

Zweistellige Verbesserungen durch systematischen Wandel

Die Ergebnisse der sechsmonatigen Transformation können sich sehen lassen: Die Produktivität stieg um 24 %, die Gesamtanlageneffektivität (Overall Equipment Effectiveness, OEE) verbesserte sich um 21 %, Maschinenausfälle gingen um 23 % zurück – und werkzeugbedingte Stillstände reduzierten sich sogar um 56 %.

„Wir sind auf alle diese Ergebnisse stolz“, so Timkó. „Aber wenn ich einen Punkt hervorheben müsste, dann wäre es die technische Verfügbarkeit unserer Maschinen. Das hatte direkten Einfluss auf OEE und Produktivität – und hat unser Ansehen sowohl in der Geschäftseinheit als auch bei unseren Kunden deutlich verbessert.“

Neukonzeption des Produktionslayouts

Ein zentrales Element war die Neugestaltung des Produktionslayouts im Back-End-Bereich. Vorher verbrachten die Mitarbeitenden dort unnötig viel Zeit mit Materialtransport, statt an den Maschinen zu arbeiten.

„Wir haben in jeder Schicht eine feste Rolle für Materialhandling eingeführt“, erläutert Timkó. „Diese Person folgt klar definierten Wegen und Taktungen, wodurch unnötige Wege der Maschinenbediener entfallen.“

Zudem wurde die Anordnung der Maschinen optimiert, Verpackungsstationen wurden statt 100 Metern nur noch 3 bis 4 Meter von den Produktionslinien entfernt positioniert. Das Ergebnis: 500 Quadratmeter weniger benötigte Fläche und eine Reduzierung des Umlaufs von 20.000 auf 8.000 Teile.

Am Anfang gab es etwas Widerstand, aber nach ein paar Wochen gab es keinen Zweifel mehr, dass das, was wir taten, gut war. Dieses Programm war ein echter Game Changer für unser Werk in Debrecen.“
Peter Timkó
Geschäftsführer, thyssenkrupp Springs & Stabilizers Hungary Ltd.

Von reaktiver zu geplanter Instandhaltung

Auch in der Instandhaltung wurde ein Paradigmenwechsel vollzogen. Zuvor fehlte es an Transparenz über die tatsächlichen Ursachen von Ausfällen, der Fokus lag auf kurzfristiger Fehlerbehebung statt präventivem Handeln.

„Wir mussten eine strukturierte, nachhaltige Problemlösung etablieren, mit klareren Kommunikationswegen und Prioritäten bei technischen Störungen“, so Timkó. „Unsere Instandhaltung war zu stark reaktiv – das wollten wir ändern.“

Die Einführung des S2QDC (Safety, Sustainability, Quality, Delivery, Cost) auf dem Shopfloor brachte genau diese Transparenz. Auffällige Muster bei Ausfällen traten zutage – und die Verantwortlichen konnten gezielt eingreifen.

Robert Velenczei, Berater bei Staufen, ergänzt: „Wir haben sämtliche Störungen und Mikrostopps analysiert und unsere Instandhaltungsmaßnahmen daran ausgerichtet. Heute sind die Aufgaben klar verteilt – zwischen Bedienern, interner Instandhaltung und externen Dienstleistern.“

Das Instandhaltungsteam wurde neu strukturiert: Es gibt nun Spezialisten, die für klar abgegrenzte Produktionsbereiche verantwortlich sind. Zusätzlich wurde eine eigene Tagschicht aufgebaut, die sich ausschließlich um geplante Instandhaltungen kümmert.

Shopfloor Management auf fünf Ebenen

Die wohl nachhaltigste Veränderung: ein umfassendes, mehrstufiges Shopfloor Management-System, das alle Ebenen des Unternehmens einbindet.

„Heute gibt es bei uns fünf Ebenen von Shopfloor-Meetings“, erklärt Timkó. „Angefangen bei Teamleitern und Maschinenbedienern, über Bereichsleiter, Instandhaltungs- und Produktionsverantwortliche bis hin zum Management. So sorgen wir für vollständige Transparenz – und eine systematische Eskalation, wenn nötig.“

Inzwischen wurde dieses System über Produktion und Instandhaltung hinaus auf Qualität und Logistik ausgeweitet – ein ganzheitlicher Ansatz für operative Exzellenz.

Vertrauen aufbauen, Kultur verändern

Die größte Herausforderung war allerdings nicht technischer Natur: Es galt, das Vertrauen der Mitarbeitenden zurückzugewinnen – nach vielen erfolglosen Ansätzen in der Vergangenheit.

„Kommunikation und Motivation sind entscheidend, um einen kulturellen Wandel zu ermöglichen“, so Timkó. „Ich habe Schlüsselpersonen bewusst eingebunden. Wir haben regelmäßig über KPIs, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Deadlines gesprochen – so fühlte sich jeder verantwortlich. Und der größte Motivator ist nun mal Erfolg – und den hatten wir von Beginn an.“

Der entscheidende Unterschied zu früheren Projekten: Dieses Mal wurde das ganze Werk eingebunden – nicht nur einzelne Bereiche.

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Zusammenarbeit von Mitarbeitern des Federnwerks in Leeds (GB) mit dt. Kollegen im Federnwerk Hagen

Ein Wandel mit Langzeitwirkung

Obwohl das offizielle Projekt bereits im Juni 2024 endete, baut das Werk in Debrecen weiter auf dem Erreichten auf. Die Umstellungen im Layout sind vollständig implementiert, derzeit wird ein computergestütztes Instandhaltungsmanagementsystem (Computerized Maintenance Management System, CMMS) eingeführt, um Wartungsplanung und Ersatzteillogistik weiter zu optimieren.

Die Effekte reichen dabei weit über technische Kennzahlen hinaus. „Das Projekt hatte auch starken Einfluss auf die Mitarbeitermotivation“, berichtet Timkó stolz. „Bei unserer EU-weiten Mitarbeiterbefragung haben wir die deutlichsten Verbesserungen im Vergleich zum Vorjahr erzielt.“

Das Werk gilt inzwischen innerhalb der Geschäftseinheit als Vorbild – andere Standorte reisen an, um vom neuen Instandhaltungs- und Shopfloor-Ansatz zu lernen.

„Ich bin wirklich stolz auf unsere Mannschaft“, resümiert Timkó. „Wir funktionieren wie ein Team – manchmal fast wie eine Familie. Das ist einer der entscheidenden Erfolgsfaktoren: Man kann die besten Konzepte und Strukturen haben – ohne ein engagiertes Team bewegt man nichts.“

Impulse für die Industrie

Was sich aus Debrecen lernen lässt:

  • Fokus auf Hebelbereiche: Mit der Konzentration auf Back-End und Instandhaltung wurden messbare Fortschritte an den entscheidenden Stellen erzielt.
  • Alle Mitarbeitenden einbeziehen: Der Schlüssel zum Erfolg lag in der Beteiligung der gesamten Organisation – nicht in isolierten Maßnahmen.
  • Prozesse transparent gestalten: Das mehrstufige Shopfloor Management schafft Sichtbarkeit und Verbindlichkeit.
  • Sofortige und langfristige Wirkung kombinieren: Erste Erfolge gaben dem Wandel Rückenwind, strukturelle Änderungen sorgten für Nachhaltigkeit.
  • Auf Erfolgen aufbauen: Frühzeitige Resultate halfen, Skepsis abzubauen und die Transformation voranzutreiben.

Für Unternehmen mit vergleichbaren Herausforderungen zeigt das Beispiel: Mit der richtigen Herangehensweise lassen sich zweistellige Produktivitäts- und Effizienzgewinne in wenigen Monaten realisieren – nicht erst nach Jahren.

Winning the Global Solution Challenge 3.0
Von links nach rechts: Roland Agócs, Werkzeugkonstrukteur | Pál Böszörményi, Instandhaltungsleiter | Norbert Tógyer, Gruppenleiter Instandhaltung | Ferenc Kuki, Werkzeugkoordinator

Die Global Solution Challenge 3.0 Gewinner

Das Team von thyssenkrupp freut sich über den Gewinn der Global Solution Challenge 3.0 innerhalb der Business Unit mit ihrem innovativen Instandhaltungskonzept.

Über thyssenkrupp Springs & Stabilizers Ungarn

Das Werk von thyssenkrupp in Debrecen, Ungarn, produziert Federn und Stabilisatoren für die Automobilindustrie und ist ein kritischer Lieferant für verschiedene Automobilhersteller. Das Werk ist zur Benchmark innerhalb der Geschäftseinheit für seine herausragenden Instandhaltungspraktiken und sein Shopfloor Management geworden und liefert erstklassige operative Leistungen.

Ihr Ansprechpartner
Wilhelm Goschy Chief Executive Officer STAUFEN.AG Telefon: +49 7024 8056 0 E-Mail: [email protected]

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