‚Der Kunde steht im Mittelpunkt‘
und ‚Der Kunde ist König‘
Diese Devisen schreiben sich viele Firmen groß auf die Fahne. Doch in der Realität ist es oft eine Herausforderung, den Kunden im Kontext einer ausgeklügelten Strategieentwicklung und Prozessoptimierung in den Fokus zu setzen. Wie schafft man es, intern seine Prozesse zu standardisieren und gleichzeitig handlungsfähig zu bleiben, um flexibel auf Kundenbedürfnisse eingehen zu können?
Dieser Frage widmet sich Tobias Kehrer, Geschäftsführer der Carl Stahl Süd GmbH tagtäglich. Er verantwortet zehn Vertriebs- und Servicestandorte im Bereich Seil-, Hebe- und Sicherheitstechnik in Süddeutschland. Zur Bewältigung der Lean Transformation hat er bei Carl Stahl das Programm „ProzessEvolution“ ins Leben gerufen. Seine Ratschläge, wie der Spagat zwischen Strategieentwicklung und Prozessoptimierung zu schaffen ist, basieren auf seinen Erfahrungen in der Industrie, lassen sich allerdings auch problemlos auf Dienstleistungsunternehmen übertragen.
1. Schaffen Sie eine Unternehmenskultur, die es erlaubt, Kundenstimmen direkt in die Strategie- und Produktionsprozesse einfließen zu lassen.
In unserer heutigen „VUKA-Welt“ ist es für Unternehmen nicht mehr realistisch, einen Strategieplan für die nächsten fünf Jahre zu entwickeln und sich rudimentär an diesen halten zu wollen. Natürlich ist es wichtig, sich Ziele zu setzen und sich bewusst zu machen, welche Meilensteine man als Unternehmen erreichen möchte. Doch es muss gewährleistet werden, dass man handlungsfähig bleibt und in der Lage ist, sich kurzfristig an neue Markt- und Kundenbedürfnisse anzupassen.
In diesem Sinne ist es zu empfehlen, Strategiepläne nicht im stillen Kämmerlein zu entwickeln, sondern den Kunden aktiv in die strategischen Entwicklungs- und Innovationsprozesse einzubinden. Dies kann mit folgenden Maßnahmen geschehen:
- Geben Sie dem Kunden eine Plattform, auf der er sich aktiv in Ihre Prozesse einbringen kann.
Die Carl Stahl Süd GmbH organisiert regelmäßige Kundenaktivtage, zu denen Kunden ins Unternehmen eingeladen werden. Dort werden neue Produkte und Innovationen gezeigt und ihr Feedback dazu offen aufgenommen. Dies geht auch mit einer transparenten und offenen Fehlerkultur einher, basierend auf dem Lean-Ansatz. - Sorgen Sie für einen regelmäßigen Austausch zwischen Vertrieb und Produktion.
Geben Sie Vertriebsmitarbeitern die Möglichkeit, Kundenfeedback intern an die Prozessorganisation weiterzugeben. Bei Carl Stahl finden wöchentliche Regelkommunikationen zwischen dem Vertrieb und dem Shopfloor Management statt. Dies garantiert, dass der Kunde in Prozessen laufend berücksichtigt und dass auf veränderte Bedürfnisse schnell reagiert wird. Vorauszusetzen ist, dass Vertriebsmitarbeiter die notwendigen Kompetenzen und Stimme erhalten, um ihre Eindrücke vom Kunden einbringen zu können. - Pflegen Sie eine ganzheitliche Wertstromorientierung und beziehen Sie auch Ihre Lieferanten ein.
Carl Stahl organisiert regelmäßige Lieferantentage, an denen Austausch und Networking im Zentrum stehen. Auch hier geht es darum, die Lieferanten in die aktuellen Prozesse und Entwicklungen einzubeziehen und ihnen eine Kommunikationsplattform zu bieten.
2. Seien Sie „kundenlösungsorientiert“ und nicht „produktfixiert“
Lean Management schafft die essenziellen Grundvoraussetzungen, damit Sie als Unternehmen kundenorientiert agieren können. Im Zuge der Lean Transformation wurden bei Carl Stahl Standardisierungen und Prozessoptimierungen umgesetzt. Gleichzeitig erleben wir Situationen, in denen es notwendig ist, sich vom reinen „Prozesseffizienzdenken“ zu lösen. Der Prozess darf nie wichtiger sein als der Kunde. Bewusst muss die richtige Mischung aus „Lean“ und „Freiheit“ gefunden werden. Ein gutes Beispiel: Als produzierendes Unternehmen ist es hin und wieder nicht möglich, dem Kunden das gewünschte Produkt zum gewünschten Zeitpunkt aus dem eigenen Hause zu liefern. Hier sind andere, kreative Lösungen gefragt, die nicht unbedingt mit dem reinen Prozess- und Produktgedanken übereinstimmen. So kann es eine Option sein, den Kundenauftrag anzunehmen und gewisse Komponenten der Lösung aus fremder Hand zu beziehen. Entscheidend ist es, kundenorientiert zu handeln und nicht prozess- oder produktfixiert.