Warum sich Strategie nur über exzellente Prozesse wirkungsvoll entfaltet.
In den letzten Jahren haben äußere Einflüsse wie politische Entscheidungen oder kürzere Technologiezyklen auf die Unternehmen und ihr Marktumfeld an Stärke und Tempo deutlich zugenommen. Der Mehrwert, den Unternehmen für ihre Kunden schaffen, gerät deshalb viel schneller und nachhaltiger unter Druck.
Darüber hinaus haben viele Unternehmen wachsende Probleme bei der Umsetzung strategischer Initiativen. Die Quote unwirksamer strategischer Initiativen liegt laut einer aktuellen Studie* bei rund 70 %. Dies bedeutet eine Ressourcenverschwendung, die sich kein Unternehmen mehr leisten kann.
* laut einer Studie des Management Institut St. Gallen
Jan Philipp Stommel, Berater bei Staufen, und Max Illies, Vice President Sales bei C. Illies & Co., sprechen über Hoshin Kanri und eine wirksame Strategie-Entfaltung.
Stommel: Herr Illies, wir haben uns vor eineinhalb Jahren bei unserem BestPractice Partner, der MUNSCH Chemie-Pumpen GmbH, kennengelernt. Munsch nutzt für eine wirksame Strategie-Entfaltung das Konzept von Hoshin Kanri. Warum haben Sie an dieser Veranstaltung teilgenommen?
Illies: Wir waren einerseits neugierig, was genau sich hinter Hoshin Kanri verbirgt und wie Sie bei der Strategie-Umsetzung methodisch vorgegangen sind. Andererseits waren wir auf der Suche nach Unterstützung bei unserer Managementstrategie. Wir hatten das dringende Bedürfnis, unser strategisches Management nachhaltiger und effizienter auszurichten.
Stommel: Untersuchungen eines renommierten Instituts zeigen, dass erschreckende 70 % aller strategischen Initiativen in der Umsetzung scheitern und nicht zu den strategischen Zielen des Unternehmens führen. Warum entfalten Strategien in vielen Unternehmen nicht ihre erhoffte Wirksamkeit?
Illies: Ich denke, in unserem Fall war es sicherlich eine Frage der Schwäche bei der Verfolgung der gesetzten Ziele. Wir haben uns jahrelang Ziele gesetzt, hierfür dann zu viel oder zu wenig an Ressourcen eingeplant, uns im Tagesgeschäft verausgabt und am Ende unsere strategischen Initiativen aus dem Fokus verloren. Rückblickend stellt man dann fest, nicht genug getan zu haben, um die angepeilten Ziele auch wirklich zu erreichen. Das war im Grunde die große Schwäche, die wir in unserer Organisation feststellen mussten.
Stommel: Wir hören das oft. Am Anfang einer neuen Strategie herrscht Aufbruchstimmung, alle sind motiviert und engagiert. Die Wochen vergehen und das Tagesgeschäft nimmt einen in Beschlag. Die strategischen Initiativen verlieren an Bedeutung, geraten in den Hintergrund oder werden sogar depriorisiert. Gleichzeitig neigen Unternehmen auch gern dazu, sich zu viele Projekte vorzunehmen, ohne dass dabei ersichtlich ist, welches Projekt wirklich mit welchem strategischen Ziel in Verbindung steht.
Illies: Das kann ich leider bestätigen. Auch in unserer Strategie folgten wir nicht konsequent einem roten Faden. Es ist auch fast unmöglich, genau zu wissen, wo ich wie viel von welcher Ressource investieren muss, um am Ende das geplante Ergebnis zu erreichen. Wenn man sich die von Ihnen erwähnte Studie ansieht, dann stellt man fest, dass die strategischen Initiativen auch deshalb nicht zu den gewünschten Ergebnissen führen, weil die Ressourcen für die Zielerreichung nicht richtig geplant und eingesetzt wurden.
Jan Philipp Stommel
Project Manager
Jan Philipp Stommel
Project ManagerJan Philipp Stommel ist Project Manager bei der Staufen AG. Bereits während seines Studiums zum Wirtschaftsingenieur an der technischen Universität Dortmund sammelte er erste praktische Erfahrungen in der Automobilindustrie. Bei der Audi AG unterstütze er Projekte im Bereich Störungsmanagement und Prozessoptimierung unter Berücksichtigung der Prinzipien und Methoden der Lean Production. Seit 2018 war er für die Staufen AG in Deutschland und China tätig und vertiefte seine Lean-Erfahrungen in direkten und indirekten Bereichen. Er ist Teil des Lean Sales & Service Teams. Neben der Optimierung von Prozessen fokussiert er die Einführung des Führungskonzeptes Shopfloor Management. Jan Philipp Stommel unterstützt Projekte als Berater sowie als Trainer in Unternehmen aus verschiedensten Branchen. Zusätzlich spezialisierte er sich durch Entwicklung und Einführung in dem Strategieentfaltungsansatz Hoshin Kanri.
Mehr erfahrenHoshin Kanri
Hoshin Kanri fokussiert die Führung und Entwicklung der Mitarbeitenden in Richtung Vision. Es stellt den Zusammenhang zwischen Vision, Zielen, Projekten und Erfolgsfaktoren her. Die X-Matrix ist das Werkzeug, um Durchbruchsziele, Jahresziele, Verbesserungsprojekte und Erfolgsfaktoren miteinander zu verknüpfen. Gleichzeitig dient die Einbindung aller Führungsebenen über alle Unternehmensfunktionen hinweg einer ganzheitlichen Unternehmensausrichtung und ist ein zentraler Bestandteil von Hoshin Kanri.
Stommel: Wenn Sie nun zurückblicken auf die letzten 18 Monate, seit wir bei Ihnen Hoshin Kanri eingeführt haben, was hat sich verändert? Wie würden Sie den aktuellen Strategie-Entfaltungsprozess bei Illies beschreiben?
Illies: Wir nutzen Hoshin Kanri als Rahmen, um Ziele zu setzen, Ziele zu verfolgen und sie am Ende auch zu erreichen. Für uns ist Hoshin Kanri ein sehr hilfreicher und vielseitiger Werkzeugkasten, den wir nutzen, um geeignete Ziele zu bestimmen, um kaskadierende Pläne für die Umsetzung zu erstellen, um die Fortschritte im Blick zu behalten und die Abweichungen zu managen. Die gesamte Methodik würde ich mit den beiden Schlüsselwörtern Framework und Toolbox beschreiben.
Stommel: Ja, die Methodik hat sich bewährt, auch weil sie transparent und wirksam ist. Im ersten Schritt leitet man auf der Basis der Vision drei bis fünf Durchbruchsziele ab, die das Unternehmen auf den nächsten Level heben soll. Die Durchbruchsziele werden in Jahresziele heruntergebrochen und die dazugehörigen strategischen Projekte definiert. Im dritten Schritt wird dann ein KPI-System aufgebaut, das den Verlauf der Projekte kontinuierlich veranschaulicht, sodass man bereits frühzeitig feststellen kann, welche Projekte nicht die gewünschte Wirkung entfalten und wo man gegebenenfalls unterstützen muss.
Illies: Durch die Kaskadierung sämtlicher Ziele hat die gesamte Organisation quer durch alle Teams in unserem Veränderungsprozess einen ganz anderen Schwung aufgenommen. Man könnte sagen: Früher fuhr die Lok los, ohne alle Waggons angehängt zu haben. Heute sind alle Waggons angekoppelt, und nicht mehr nur die Lok, sondern jeder einzelne Wagen zieht. Um das allerdings hinzubekommen, ist viel gute Kommunikation erforderlich. Mit den neu eingeführten Berichtsmethoden ist uns das sehr gut gelungen.
Stommel: Um ein Unternehmen nachhaltig zu verändern, müssen alle Mitarbeitenden mitgenommen und zu Beteiligten gemacht werden. Man muss mit ihnen gemeinsam erarbeiten, wie sie strategische Initiativen in ihrer täglichen Arbeit verankern können. Wie fällt Ihr diesbezügliches Fazit aus, nach 18 Monaten Hoshin Kanri?
Illies: Ich kann bereits heute sagen, dass der Prozess, den wir angestoßen haben, sich gelohnt hat. Wir erleben jetzt eine viel stärkere Korrelation zwischen den für ein Jahr gesetzten Zielen und der täglichen Arbeit unserer Teams und damit auch eine deutlich höhere Identifikation jedes und jeder einzelnen Mitarbeitenden mit unseren langfristigen Unternehmenszielen.
Zudem haben die eingeführten Frühindikatoren unsere Sinne dafür geschärft, wie es um unseren Zielerreichungsgrad steht. Die abgeleiteten KPIs bieten an allen Stellen im Unternehmen Orientierung. Unsere Vertriebs- und Serviceteams beispielsweise erkennen jetzt frühzeitig, ob der Verkaufstrichter noch ausreichend gefüllt ist und ob die damit verbundenen Verkaufsziele zu erreichen sind oder ob weitere Aktivitäten nötig sind.
Stommel: Was würden Sie sagen, worauf Unternehmen bei der Einführung von Hoshin Kanri achten sollten?
Illies: Mein Rat an alle, die sich mit der Frage „Wie schaffe ich es besser, meine strategischen Ziele im gesamten Unternehmen wirkungsvoll zu entfalten“ beschäftigen, ist: Achten Sie auf Ihr Ressourcenmanagement. Denn wenn Sie Ihre Ziele festlegen und überlegen, welche Ressourcen notwendig sind, um sie zu erreichen, sollten Sie immer auch sorgfältig abwägen, wie viel Sie sich an Veränderung zumuten wollen und was die richtige Dosierung ist, um auf die effektivste Weise ans Ziel zu kommen.
Vor Kurzem hat ein Kollege gesagt: „Wir überschätzen, was wir innerhalb eines Jahres erreichen können, aber wir unterschätzen, was wir innerhalb von fünf Jahren erreichen können.“ Das könnte ein guter Ansatz sein.
das unternehmen
Illies verbindet als Vertriebs- und Projektpartner weltweit führende Technologieanbieter mit der produzierenden Industrie in Asien. Das Unternehmen ist spezialisiert auf den Vertrieb und After-Sales-Service von technisch anspruchsvollen Investitionsgütern und Technologien. Das Produkt- und Dienstleistungsportfolio erstreckt sich von der Konzeption und dem Vertragswesen über das Risikomanagement und die Implementierung von Anlagen bis zu schlüsselfertigen Lösungen und dem technischen Kundendienst.
1859
gegründet in Japan
300
Mitarbeitende
470
Mio. € umsatz 2021
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