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Lean Hospital – Wie Clinical-Pathway-Manager die Prozesse im Krankenhaus optimieren

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Mai 25, 2021 | Lean Management, Operational Excellence

Erst vor zwei Jahren wurden Kliniken wegen Kostendrucks und ineffizienter Prozesse geschlossen. Die Pandemie hat das Damoklesschwert „Klinikschließung“ vorübergehend aus den Medien verdrängt, doch das Thema wird mit dem Abflauen der Pandemie wieder aufkommen. Die ARCUS Kliniken Pforzheim haben einen Weg gefunden, Effizienz und Qualität in ihrem Klinikalltag kontinuierlich zu steigern. Dr. med. Christian Sobau, orthopädischer Chirurg für Hüfte und Knie und seit 2010 leitender Arzt der ARCUS Kliniken Pforzheim, hat dabei die Einführung sogenannter Clinical-Pathway-Manager aktiv begleitet.

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Dr. med. Sobau, wie sind Sie das Thema Effizienzsteigerung an Ihrer Klinik angegangen?

Die ARCUS Kliniken sind ein kleines Krankenhaus in privater Trägerschaft, spezialisiert auf orthopädische chirurgische sporttraumatologische Operationen. Ohne großen Klinikverbund im Hintergrund müssen wir sehr effizient wirtschaften.

In einem ersten Schritt haben wir uns die Prozesse in anderen Krankenhäusern angeschaut. Dabei haben wir festgestellt, dass wir eine übergeordnete „Station“ benötigen. Eine Funktion, die nicht in den täglichen Klinikablauf eingebunden ist, sondern ihn eher wie aus der Vogelperspektive beobachtet. Einen sogenannten Clinical-Pathway-Manager.

Im ambulanten Bereich gibt es heute einen Praxismanager, im stationären Bereich einen OP-Manager. Beide Manager sind nicht in das Tagesgeschäft involviert. Sie analysieren die Abläufe von außen und bringen immer wieder Kritik an, um die Prozesse zu verbessern. In Notsituationen müssen sie aber auch mal einspringen können.

Welche Herausforderungen und Stolpersteine gab es bei der Einführung der neuen Funktion „Clinical-Pathway-Manager“?  

Hilfreich war sicher, dass die neuen Funktionen mit Mitarbeitenden besetzt wurden, die bereits länger in der Klinik gearbeitet hatten. Diese Mitarbeitenden waren somit in der Organisation bekannt und mit den Abläufen im Haus vertraut. Es handelte sich auch um Kollegen und Kolleginnen, die bereits verschiedene Bereiche durchlaufen hatten. So begann eine Kollegin als Arzthelferin und wechselte dann über die Rechnungsstellung ans Front Desk, bevor sie zur Praxisleiterin wurde und die neue, übergeordnete Funktion übernahm.

Ganz entscheidend ist aber, dass alle Mitarbeitenden gewillt sind, gewohnte Abläufe und Strukturen infrage zu stellen, denn plötzlich wird hinterfragt, was wie gemacht wird. Einfach nur darauf zu verweisen, dass man etwas schon immer so gemacht hat, reicht dann nicht mehr.

Die Clinical-Pathway-Manager müssen hier auch Standing beweisen und dürfen vor Hierarchien nicht zurückschrecken. So musste z. B. ein Dreißigjähriger einem fünfzigjährigen Chefarzt sagen: „Schön, dass Sie das immer so gemacht haben. Wir könnten es aber noch etwas optimieren.“ Das war und ist menschlich nicht immer einfach.

Die Grundidee ist ja, dass der Arzt Kompetenzen abgibt, ohne sein Gesicht oder seine Kernkompetenz, nämlich die ärztliche Arbeit, zu verlieren. Es galt, dem Arzt zu vermitteln, dass er Chefarzt bleibt, auch wenn er nur noch mit zwei statt wie bisher zehn Leuten Visiten durchführt. 

Das Loslassen von Gewohntem ist für so manchen erstmal beängstigend. Jedoch gewinnt der Arzt auch, indem er z. B. wieder mehr in seiner eigentlichen Kernkompetenz arbeiten kann. In der Pflege können sich die Mitarbeitenden wieder auf die Bereichspflege am Patienten konzentrieren, weil viele kleine Aufgaben an spezialisierte Kräfte abgegeben wurden.

Haben Sie für uns hierzu noch ein praktisches Beispiel?  

Bei einer Wohltätigkeitsveranstaltung saß ein Dekan der Universität Freiburg mit dem ehemaligen Chef von Audi, den ich hier nicht näher nennen möchte, an einem Tisch. Der Dekan fragte: „Wie läuft es denn bei Ihnen?“ Der Chef von Audi antwortete: „Ja super. Und bei Ihnen?“ Der Dekan sagte ehrlich: „Nicht so gut. Wir sind nicht profitabel, sogar eher defizitär.“

Der Chef von Audi bot daraufhin Unterstützung an und sandte sein Beraterteam vorbei, das sich alle Prozesse anschaute. Dabei stellten die Berater fest, dass die Klinik 6,2 Millionen Instrumente in ihren OP-Sälen hatte, aber nur ca. 1,2 Millionen davon faktisch eingesetzt wurden. 5 Millionen Instrumente mussten aber, weil sie in großen Sieben oder in Sets vorhanden waren, mitsterilisiert werden. Das bedeutete viele unnötige Waschvorgänge, Packarbeiten und eine unnötige Lagerhaltung. Die Operateure wurden daraufhin befragt, welche Instrumente für welche Operation wirklich benötigt wurden. Alle anderen Instrumente wurden entsorgt. Am Ende blieben nur knapp 800.000 Instrumente übrig.

In der Industrie gibt es analog zum Clinical-Pathway-Manager den KVP-Experten. Auch er verfolgt das Ziel, Prozesse kontinuierlich zu verbessern. Ein KVP-Experte wird in der Regel für seine Aufgabe trainiert und ausgebildet. Wie erfolgte in Ihrer Klinik die Ausbildung der Clinical-Pathway-Manager?

Eine strukturierte Ausbildung gab es bei uns damals leider noch nicht. Vieles haben wir uns im Projekt direkt erarbeitet, quasi „learning by doing“.

Wir hatten zum Glück Mitarbeitende, die motiviert waren, neue Herausforderungen anzunehmen. So war ein Clinical-Pathway-Manager früher leitender orthopädischer Chirurg und Spezialist in der Kniechirurgie. Er wollte sich gerne aus dem operativen Geschäft zurückziehen und nochmal etwas anderes machen. Somit war er eine ideale Besetzung für diese Funktion.

Ein strukturiertes Kennenlernen von Methoden und Tools würde aber zukünftigen Clinical-Pathway-Managern sicher den Einstieg in ihre Aufgabe erleichtern.

Host

Olaf Scholle, Partner, STAUFEN.AG

Olaf Scholle startete seine Karriere nach dem Studium als Planungs- und Prozessingenieur im Rohbau Werk Rastatt der Daimler AG. Durch Projektarbeit und Umsetzung erwarb er sein Know-how für Qualitätssicherung in automatisierten Gewerken. Es folgte eine einjährige Ausbildung zum MPS-Experten. In der Mercedes Car Group war er für die methodische Leitung von Projekten in Planung und Produktion verschiedener PKW Werke im In- und Ausland verantwortlich. Seine Erfahrung und sein Lean Wissen konnte Olaf Scholle dadurch kontinuierlich ausbauen. Projekte im Qualitätsmanagement erweiterten seine Kompetenzen in der Prozessoptimierung administrativer Bereiche. Die Einführung von Shopfloor Management förderten seine Coaching-Fähigkeiten. Seit 2012 ist Olaf Scholle bei der Staufen AG.

Gast

Dr. Christian Sobau

Dr. med. Christian Sobau, Knie- und Hüftspezialist sowie Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, Sportmedizin sowie Chirotherapie und seit 2010 leitender Arzt, ARCUS Kliniken Pforzheim

Dr. Sobau wurde als einer der Ersten von der Deutschen Kniegesellschaft e. V. als zertifizierter Kniechirurg ausgezeichnet. Zusätzlich wird er seit mehreren Jahren von der FOCUS Ärzteliste als Spezialist für Sportorthopädie ausgezeichnet. Er ist (mit Unterbrechungen) seit 2000 in den ARCUS Kliniken tätig und neben seiner Funktion als leitender Arzt der ARCUS Sportklinik auch Leiter des MVZ.

Mehr über Dr. med Sobau

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