
Staufen C-Day 2024: „Wir sind selbst für unsere Wettbewerbsfähigkeit verantwortlich!“
Staufen C-Day 2024 Rückblick
Nach erfolgreicher Premiere im Vorjahr lud die Staufen AG auch in diesem September wieder rund 50 Entscheider und Entscheiderinnen aus der Industrie zum C-DAY. Ausgehend von den Impulsvorträgen hochkarätiger Speaker bot die Executive-Tagung in den baden-württembergischen Heitlinger Genusswelten eine informative und wirksame Kommunikationsplattform, die in Deutschland ihresgleichen sucht. Zusätzliche „Creative Labs“ ermöglichten eine partnerschaftliche Themenbearbeitung in Kleingruppen und hebelten marktübliche Branchenkorsetts erfolgreich aus.
„In vielen Unternehmen reichen die alten Erfahrungen nicht mehr aus, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern.“ Wilhelm Goschy, CEO der Staufen AG, kam in seiner Begrüßung zum C-DAY 2024 schnell zum entscheidenden Punkt. „Nutzen Sie diesen Tag für den Austausch, profitieren Sie von bewusst anderen Perspektiven, lernen Sie neue Erfolgsmuster kennen und prüfen Sie, was davon auch Ihr Business wettbewerbsfähiger macht“, riet Goschy den in die Heitlinger Genusswelten angereisten Top-Managern und -Managerinnen.


Janice Köser

Markus Feldenkirchen,
SPIEGEL-Autor
Vom Land der 1.000 Hügel bis nach Berlin und Washington
Wird der Kraichgau gern auch als das liebliches „Land der 1.000 Hügel“ bezeichnet, so scheint Deutschland immer mehr zum Land der 1.000 Probleme zu werden. Welche Rolle die Politik dabei spielt und wo der Handlungsbedarf derzeit am größten ist, stand im Mittelpunkt des Eröffnungsvortrags des TV-Journalisten und SPIEGEL-Autors Markus Feldenkirchen. Zusätzlich analysierte der ehemalige USA-Korrespondent den aktuellen Präsidentschaftswahlkampf in den Vereinigten Staaten – die eine oder andere Anekdote aus seiner Zeit in Washington inklusive.
Ignoranz als wirtschaftlich gefährlichstes Phänomen
Für Arno van der Merwe, als Vice President of Production Planning verantwortlich für das weltweite Netzwerk von Mercedes-Benz Cars, ist Ignoranz nicht nur in der hiesigen Politik, sondern auch in der deutschen Wirtschaft das „gefährlichste Phänomen“. Van der Merwe ist jedoch für den Standort D durchaus nicht nur pessimistisch. So seien die deutschen Unternehmen beispielsweise noch immer führend in Sachen „Deep System Integration“. Weder in China noch in den USA könne die Konkurrenz so komplexe Produktionssysteme liefern, welche die gesamten Lebenszykluskosten berücksichtigten. Diese Stärke gelte es als USP auszubauen. Sein Appell: „Wir sind selbst für unsere Wettbewerbsfähigkeit verantwortlich!“

Arno van der Merwe,
Vice President of Production Planning, Mercedes-Benz Cars

Nicolas F. Steinbacher,
Programmleiter Deutschland, Northvolt
Eine schmerzhafte Transformation
Im Spannungsfeld zwischen politischen Rahmenbedingungen und unternehmerischem Risiko bewegt sich derzeit der Batteriehersteller Northvolt. Nicolas F. Steinbacher, als Programmleiter Deutschland u. a. für den Bau des neuen Northvolt-Werks in der schleswig-holsteinischen Heide verantwortlich, räumte ein, dass der Elektromotor derzeit stottert, hält den mittel- bis langfristigen Trend zur Elektrifizierung aber für ungebrochen. Zumal das Thema Energiespeicherung immer mehr an Bedeutung gewinne. Steinbacher bezeichnete es allerdings als deutlichen Standortnachteil, dass Deutschland den eingeschlagenen Weg nun wieder infrage stelle. Seine klare Überzeugung: „Wir müssen diese Transformation jetzt anpacken, auch wenn es an mancher Stelle wehtut.“
Naivität – Innovationstool statt Kinderspielerei
Eine wirksame Strategie, solche herausfordernden Situationen zu meistern, ist für Christian Wehner, Senior Director Innovation Strategy bei SAP, die Rückbesinnung auf die kindlich positive Naivität. „Das bedeutet für mich nicht die Flucht in eine Traumwelt, sondern ich sehe Naivität als ein hervorragendes Tool, wenn es um Wandel, Veränderung und Innovation geht“, so Wehner. Traditionell wurde Naivität über viele Jahre mit Stumpfheit und Denkfaulheit gleichgesetzt. Dabei steht Naivität laut Wehner viel mehr für Unkompliziertheit, Offenheit, Mut und Vertrauen. Also alles Attribute, die jede Führungskraft ihrem Team gern einimpfen würde. Auch der „American Dream“ beruhe auf Naivität, in diesem Fall verstanden als ergebnisoffenes Herangehen an Dinge. Wehner hält es für sehr wichtig – Stichwort „Unlearning“ –, unser altes Wissen „an der einen oder anderen Ecke gerne mal etwas abzuschlagen, da es uns oft einen Streich spielt“.

Christian Wehner,
Senior Director Innovation Strategy, SAP

Torsten G. Müller,
CIO, Sartorius AG
Bessere Datenqualität durch KI-Analyse
Mit vermeintlich unumstößlichen Gewohnheiten hat auch Torsten G. Müller, CIO der Sartorius AG, gebrochen, als er vor einigen Jahren den Auftrag bekam, den Dax-Konzern zu digitalisieren. Denn um das Vorhaben umzusetzen, wurden alle Prozesse – von Sales über Finance und HR bis zu Operations – aus den Fachbereichen herausgelöst und an zentraler Stelle gebündelt. Waren vorher rund 5.000 Mitarbeitende im Konzern berechtigt, Kunden- oder Materialdaten zu ändern, sind es heute nur noch 9 Mitarbeitende in einem zentralen Data Execution Center. „Zusätzlich haben wir mithilfe von KI über 100.000 CAD-Zeichnungen ausgelesen, sodass unsere Datenqualität jetzt signifikant besser geworden ist“, berichtete Müller.
Prozess- und Führungsexzellenz verzahnen
Welche Bedeutung das Thema Führung gerade in Umbruchzeiten hat, erläuterte Joachim Ley, CEO der ZIEHL-ABEGG SE: „Der zentrale Erfolgsfaktor ist die enge Verzahnung von Prozess- und Führungsexzellenz.“ Am Anfang stehe der Aufbau von Vertrauen. „Wenn wir hier einfach mit der Tür ins Haus fallen, starten wir in Sachen Transformation gleich mal 20 Meter weiter hinten“, so Ley. Durch Vertrauen in Kombination mit einer klaren Ausrichtung sowie möglichst viel Autonomie für die einzelnen Werke entstand eine positive Eigendynamik an den ZIEHL-ABEGG-Standorten. Ley ist überzeugt: „Kulturwandel ist das Ergebnis der Verhaltensänderung vieler und ein Top-down-Prozess.“

Joachim Ley,
CEO, ZIEHL-ABEGG SE
Gemeinsamer Werksbesuch bei SEW-EURODRIVE
Zu Beginn der erfolgreichen Transformation bei ZIEHL-ABEGG stand übrigens ein Best Practice Besuch beim Antriebstechnikhersteller SEW-EURODRIVE. Genau dorthin – ins Motorenwerk in Graben-Neudorf – ging es auch für die C-DAY-Teilnehmenden am Folgetag. Johann Soder, Geschäftsführer für Sonderthemen bei der SEW-EURODRIVE und einer der Industrie-4.0-Pioniere Deutschlands, ließ es sich nicht nehmen, die in seinem Unternehmen gelungene perfekte Vernetzung einzelner Fertigungs- und Montageschritte zu einem hocheffizienten Wertschöpfungsprozess persönlich zu präsentieren.
Fazit:
Mehr Ernsthaftigkeit in der Politik, weniger Ignoranz im Management, die Bereitschaft zu schmerzhaften Veränderungen, Naivität bewusst zulassen, gewohnte Muster durchbrechen und Vertrauen als wichtigste Basis für Performance – der C-DAY 2024 bot wertvolle Anregungen und praktische Beispiele, wie die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland messbar verbessert werden kann.

