staufen magazin Sphere Energy

Revolution durch KI

Wie neue Modelle die Industrie transformieren
Gründunsjahr2022
BrancheBatterietechnologie & KI
SitzMünchen, Zürich, Augsburg und Paris
VisionSchnellere, effizientere Batterieentwicklung durch modernste KI-Technologien

Von der Elektromobilität über Energiespeicher bis hin zu kabellosen Werkzeugen – Batterien sind längst mehr als nur eine Alternative zu herkömmlichen Antrieben. Sie erschaffen völlig neue Geschäftsmodelle und verändern ganze Branchen. Doch ihre rapide technologische (Weiter-)Entwicklung stellt Unternehmen auch vor immense Herausforderungen.

Wer heute ein Elektroauto kauft, erwartet eine hohe Reichweite, kurze Ladezeiten und eine lange Lebensdauer der Batterie. Doch bis eine neue Batteriezelle diesen Anforderungen genügt, durchläuft sie zahlreiche Testzyklen – ein kostspieliger und langwieriger Prozess. Ähnlich sieht es in anderen Branchen aus: Ob Akkus für Hochleistungswerkzeuge oder stationäre Energiespeicher, die Validierung neuer Batterietechnologien ist oft ein Flaschenhals in der Produktentwicklung: Ein neues Elektroauto entsteht in Europa durchschnittlich in vier Jahren, asiatische Hersteller schaffen es in zwei. Der Unterschied liegt nicht nur in anderen Prozessen – es ist vor allem die Batterie, die zum entscheidenden Faktor wird. „Die Batterie entwickelt sich in einem atemberaubenden Tempo“, erklärt Luca Scherrer, Mitbegründer von Sphere Energy, einem Start-up, das sich auf KI-gestützte Batterietechnologien spezialisiert hat. „Alle drei bis sechs Monate kommen neue Innovationen auf den Markt. Da können Sie nicht drei Jahre für die Validierung einer Technologie einplanen.“ 

Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Allein die Kosten für Heimspeicher sind in den letzten drei bis vier Jahren auf ein Zehntel gesunken. Gleichzeitig hat sich die Leistungsfähigkeit vervielfacht. „Im Power-Tool-Bereich kann eine Batteriezelle heute zehnmal mehr Strom liefern als früher“, so Dr. Lukas Lutz, ebenfalls Co-Gründer von Sphere Energy. „Das ermöglicht völlig neue Anwendungen, die vorher undenkbar waren.“ 

Die Entwicklung beschränkt sich dabei nicht auf einzelne Bereiche. Neben der Automobilindustrie und dem Power-Tool-Sektor eröffnen sich ständig weitere Anwendungsfelder: Von stationären Energiespeichern für die Netzstabilisierung über elektrische Flugzeuge bis hin zum Einsatz im maritimen Umfeld. „Die Batterie ist und bleibt das wichtigste Energiespeichermedium der Zukunft“, betont Lutz. 

Key TakeawaysWährend Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT die öffentliche Wahrnehmung von KI prägen, bahnt sich in der Industrie eine ähnlich bedeutende Entwicklung an: Time-Series-Modelle.
KEY TAKEAWAYSMit ihrer Hilfe lassen sich Entwicklungszyklen drastisch verkürzen und Innovationen schneller zur Marktreife bringen. Doch der Weg dahin erfordert von Unternehmen mehr als nur neue Technologie – sie müssen ihre gesamte Organisation auf ein datengetriebenes Zeitalter ausrichten.

Herausforderung: Integration

Doch die Integration neuer Batterietechnologien stellt Unternehmen vor gewaltige Herausforderungen. Allein die Validierung einer neuen Batteriezelle kostet drei bis vier Millionen Euro und dauert traditionell ein bis drei Jahre. „99 Prozent der Batterien kommen aus Asien“, erläutert Lutz. „Das bedeutet, das Herzstück Ihres Produkts liegt außerhalb Ihrer Wertschöpfungskette und Ihres Qualitätsraums.“ 

Die Komplexität dieser Aufgabe wird oft unterschätzt. Eine moderne Batteriezelle durchläuft während ihrer Lebensdauer tausende chemische Reaktionen, die von unzähligen Faktoren beeinflusst werden: Umgebungstemperatur, Ladestrom, Entladungstiefe, Alterung und viele mehr. Traditionelle Testverfahren stoßen hier an ihre Grenzen – sie sind nicht nur zeitaufwändig und teuer, sondern liefern auch nur punktuelle Erkenntnisse. 

Während alle von ChatGPT sprechen, wird der eigentliche Game Changer für die Industrie die Fähigkeit sein, komplexe Zeitreihendaten zu verarbeiten.
Luca Scherrer
Founder, Sphere Energy

KI als Beschleuniger

Hier kommen Time-Series-Modelle ins Spiel – eine KI-Technologie, die speziell für die Analyse von Zeitreihendaten entwickelt wurde. „Während alle von ChatGPT sprechen, wird der eigentliche Game Changer für die Industrie die Fähigkeit sein, komplexe Zeitreihendaten zu verarbeiten“, ist Scherrer überzeugt. 

Aber wie funktionieren diese Modelle? „Stellen Sie sich vor, wie ChatGPT lernt, Sprache zu verstehen und zu generieren“, erklärt Lutz. „Es analysiert Muster in Texten und kann vorhersagen, welches Wort als nächstes am wahrscheinlichsten ist. Time-Series-Modelle machen etwas Ähnliches mit Sensordaten: Sie lernen die Muster und Zusammenhänge in zeitlich geordneten Daten kennen.“ 

Der entscheidende Durchbruch gelang dabei mit der sogenannten Transformer-Technologie. Während klassische neuronale Netze Daten sequentiell verarbeiten, können Transformer-Modelle die Aufmerksamkeit auf verschiedene Zeitpunkte gleichzeitig richten und komplexe Zusammenhänge erkennen. „Eine Batterie verhält sich heute anders als morgen, und dieses Verhalten hängt von ihrer gesamten Vorgeschichte ab“, erläutert Lutz. „Transformer-Modelle können diese vielschichtigen Abhängigkeiten erfassen und daraus lernen.“ 

Das Ergebnis: Die Modelle können nicht nur die Lebensdauer einer Batterie vorhersagen, sondern ihr komplettes Verhalten über den gesamten Lebenszyklus simulieren – mit einer Genauigkeit von 99 Prozent. „Wir generieren synthetische Testdaten, die aussehen, als hätten wir die Batterie physisch getestet“, erklärt Lutz. „Das reduziert die Validierungszeit von Jahren auf Monate.“ 

©️Moritz Hahn
©️Manuel Schuller

Von Daten zu Erkenntnissen

Die praktische Umsetzung dieser Technologie erfordert eine durchdachte Infrastruktur. Im Battery Technology Center von Sphere Energy in Augsburg erzeugen 1.500 Testkanäle wöchentlich bis zu zwei Terabyte an Daten. „Diese Daten sind Gold wert – aber nur, wenn Sie sie richtig nutzen können“, betont Scherrer. 

Traditionell landen solche Daten oft in Excel-Tabellen, verteilt auf den Rechnern verschiedener Ingenieure. „Das skaliert nicht“, warnt Lutz. „Wenn der Inverter-Entwickler erst nach einem Jahr erfährt, wie sich die Batteriezelle tatsächlich verhält, haben Sie ein Problem.“ Die Lösung liegt in einer integrierten Datenplattform, die Testdaten, Produktionsdaten und Felddaten zusammenführt und allen relevanten Abteilungen zugänglich macht. 

©️Moritz Hahn

Datenstrategie als Erfolgsfaktor

Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch nicht in der Technologie selbst, sondern in der organisatorischen Transformation. „In den nächsten Jahren wird sich eine klare Trennung zwischen Unternehmen ergeben, die ihre Datenstrategie ernst nehmen – und jenen, die es nicht tun“, warnt Pascal Kolb, Principal bei der Staufen AG. „Wer jetzt nicht in eine durchdachte Datenarchitektur investiert, wird in wenigen Jahren massive Wettbewerbsnachteile haben.“ 

Dies bedeutet konkret: Unternehmen müssen Data Owner installieren, eine klare Data Governance etablieren und ihre IT-Infrastruktur neu ausrichten. „Die IT-Abteilung war bisher dafür zuständig, dass die Cloud funktioniert und SharePoint läuft“, beschreibt Scherrer. „Jetzt muss sie plötzlich KI-Cases ermöglichen und mit Foundation Models umgehen können.“ 

Diese Transformation wirkt sich auf alle Ebenen der Organisation aus. CTOs, die traditionell aus der Hardware- oder Elektronikentwicklung kommen, müssen sich plötzlich mit KI-Modellen auseinandersetzen. Neue Rollen und Verantwortlichkeiten entstehen, und die Zusammenarbeit zwischen Abteilungen muss neu gedacht werden – eine kulturelle Herausforderung.

Dr. Lukas Lutz
Founder
Sphere Energy

Luca Scherrer
Founder
Sphere Energy

Portrait Pascal Kolb

Pascal Kolb
Principal
STAUFEN.AG

Eine Investition, die sich lohnt

Die gute Nachricht: In vielen Organisationen ist die Bereitschaft für Veränderung bereits vorhanden. „Wenn wir in die Abteilungen gehen, spüren wir oft viel Push aus der Organisation“, berichtet Lutz. „Gerade jüngere Mitarbeiter fragen sich, warum bestimmte Prozesse noch nicht digitalisiert sind.“ 

Die Transformation muss dabei von oben getragen werden. „Es braucht Führungskräfte, die exponentiell denken können“, betont Kolb. „Nicht jede Innovation wird sofort Früchte tragen. Aber wer jetzt die richtigen Weichen stellt, wird in wenigen Jahren zu den Gewinnern gehören.“ 

Der Effekt kann dabei enorm sein. „Wenn Sie erst einmal Produktionsdaten mit Qualitätsdaten und Felddaten verknüpfen können, eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten“, erklärt Lutz. „Sie können Ihre Bedarfsplanung optimieren, Qualitätsprobleme frühzeitig erkennen und Entwicklungszyklen drastisch verkürzen. Das spart nicht nur Kosten, sondern verschafft Ihnen einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil.“ 

Die Botschaft ist klar: Es ist Zeit, jetzt zu handeln. Während viele Unternehmen noch über ChatGPT und andere Sprachmodelle diskutieren, bahnt sich mit Time-Series-Modellen bereits die nächste Revolution an. 

Wenn Sie erst einmal Produktionsdaten mit Qualitätsdaten und Felddaten verknüpfen können, eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten
Dr. Lukas Lutz
Founder, Sphere Energy

Über Sphere Energy

Sphere Energy ist ein Anbieter von KI-gestützten Batterietechnologien mit Sitz in Frankreich und Deutschland. Das Unternehmen unterstützt Hersteller aus der Automobil-, Luftfahrt- und Energiespeicherbranche dabei, Batteriezellen schneller zu testen, zu validieren und in neue Produkte zu integrieren. Durch den Einsatz von Time-Series-KI-Modellen will Sphere Energy die Art und Weise revolutionieren, wie Batteriealterung, Performance und Qualität simuliert werden. Mit der Vision, die Batterieentwicklung durch datengetriebene Innovationen zu beschleunigen, investiert das Unternehmen in Forschung, Technologie und Testumgebungen.

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