Die globalen Krisen der vergangenen Jahre haben den Einkauf wieder stärker ins Rampenlicht gerückt – auch beim Landtechnikhersteller Fendt. Im Fokus stehen vor allem Versorgungssicherheit und Kostenoptimierung.
Andreas Seemeier
Director Purchasing Germany
AGCO GmbH
Erst kürzlich unterstützte die Staufen AG einen AGCO-Standort in Deutschland bei einem Make-or-buy-Projekt, das die strategische Ausrichtung des Unternehmens wesentlich prägt. Weitere Themen, an denen der Einkauf bei der AGCO GmbH für die Marke Fendt fokussiert arbeitet, sind die Kostenspirale, Lieferzeiten und die Versorgungssicherheit. Vor allem seit der Pandemie ist die Komplexität der Lieferkette zur Herausforderung für das Unternehmen geworden. „Die direkten Zulieferer hat jeder im Fokus, aber was ist mit der zweiten und dritten Ebene?“ Dies ist für Andreas Seemeier, Director Purchasing Germany bei AGCO, die Kernfrage für Unternehmen im produzierenden Gewerbe. „Unser Ziel ist es, die Herausforderungen auch auf tieferer Ebene zu erkennen und effektiv zu managen“, meint Seemeier. „Wir investieren hier Zeit und
Ressourcen, auch digitale Technologien spielen eine wichtige Rolle.“
Flexibilität als entscheidender Faktor
Mit verschiedenen digitalen Werkzeugen schafft AGCO in Deutschland die notwendige Transparenz und macht die Struktur der Lieferkette nachvollziehbar. Im nächsten Schritt soll das gesamte Lieferantennetzwerk den gestiegenen Anforderungen entsprechend neu gestaltet werden.
„Seit der großen Versorgungskrise existiert der Trend, die Supply Chain regionaler zu gestalten“, sagt Staufen-Berater Martin Späth. „Dies ist eine spannende Option, gerade im Hinblick auf Osteuropa, sodass wir bei der Staufen AG derartige Projekte des Öfteren unterstützen. Gleichwohl muss man erkennen, dass es bestimmte Industrien und Rohstoffe in Deutschland oder gar Europa nicht gibt.“ Eine regionale Produktion bietet zwar teilweise Kostenvorteile, kurze Transportzeiten und eine höhere Versorgungssicherheit. Doch beispielsweise bei Halbleitern ist eine kurzfristige Verlagerung der Produktion unwahrscheinlich, da diese Industrien fest in Asien etabliert sind.
„Für mich heißt das: Flexibilität ist ein entscheidender Faktor“, erklärt Andreas Seemeier. „Unser Einkauf muss schnell auf Veränderungen reagieren können.“ Denn die wirtschaftliche Realität hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Politische Unruhen, globale Versorgungskrisen, Naturkatastrophen und andere unvorhersehbare Ereignisse beeinträchtigen immer häufiger das Supply-Chain-Netzwerk.
Für mich heißt das: Flexibilität ist ein entscheidender Faktor.
Andreas Seemeier
Unser Einkauf muss schnell auf Veränderungen reagieren können.
Director Purchasing Germany, AGCO GmbH
Über Fendt
Fendt ist die führende Hightech-Marke im AGCO-Konzern für Landwirtinnen und Landwirte mit höchsten Ansprüchen an die Qualität von Maschinen und Services. Traktoren und Erntemaschinen von Fendt werden auf der ganzen Welt in professionellen landwirtschaftlichen Betrieben sowie im außerlandwirtschaftlichen Bereich eingesetzt. An den deutschen Standorten beschäftigt Fendt mehr als 7.800 Mitarbeitende in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Vertrieb und Marketing sowie Produktion, Service und Verwaltung.
Digitalisierung und KI sind zentral
Eine flexible und diversifizierte Lieferkette verhindert, dass eine einzelne Krise das gesamte System lahmlegt, insofern wirkt sich eine breite Streuung positiv aus, aber die internationale Beschaffung bleibt unverzichtbar. AGCO hat als global agierendes Unternehmen Werke in vielen Ländern, sodass der globale Einkauf viele strategische Vorteile und mehr Flexibilität bietet. Digitalisierung und künstliche Intelligenz (KI) spielen dabei eine zentrale Rolle und helfen, Abhängigkeiten und Trends zu erkennen. Sie unterstützen zudem bei der Nachhaltigkeitsberichterstattung, denn Vorgaben wie das Lieferkettengesetz und die EU-Nachhaltigkeitsrichtlinie sind bei allen Themen rund um das Supply-Chain-Netzwerk zu berücksichtigen. „Nach unserer Erfahrung ist die Zusammenarbeit zwischen den Fachbereichen eines Unternehmens entscheidend“, betont Beschaffungsexperte Martin Späth. Der Einkauf ist stark auf Informationen aus Produktmanagement, Planung, Entwicklung und Qualitätssicherung angewiesen. Nur im Zusammenspiel aller Abteilungen lassen sich optimale Ergebnisse erzielen. Krisen können daher einen positiven Effekt haben, nämlich das Silo-Denken zwischen den Abteilungen abbauen und diese dazu bringen, sich stärker auf das übergeordnete Unternehmensziel zu konzentrieren.
Kostenoptimierung rückt verstärkt in den Blick
AGCO-Manager Seemeier hat die kommenden Jahre im Blick. „Der Einkäufer der Zukunft ist ein starker Beziehungsmanager“, sagt er. Auch wenn die Digitalisierung bei den Prozessabläufen hilft, bleibt der Faktor Mensch zentral. Während die digitalen Tools unterstützen, liegt der Fokus auf der strategischen Ausrichtung des SupplyChain-Netzwerks und der Pflege der Lieferantenbeziehungen. Beschaffungskosten bleiben dabei wichtig. Sie machen in der Regel mehr als 50 Prozent der Herstellungskosten eines Produkts aus und sind daher ein großer Hebel zur Kostensenkung. „Die Krisen der letzten Jahre haben zu deutlichen Preiserhöhungen geführt“, resümiert Seemeier. „Doch diese Kosten können und wollen wir nicht einfach an unsere Kundinnen und Kunden weitergeben.“ Die Konsequenz: Das Unternehmen achtet verstärkt darauf, seine Kosten zu optimieren. Das erleichtert es auch, flexibel zu bleiben, sich an Marktveränderungen anzupassen und sich strategisch besser auf künftige Krisen vorzubereiten. Eine enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Fachbereichen und eine nachhaltige Supply-Chain-Strategie sind dabei immens wichtig.
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