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„Strategie beginnt mit der Antwort auf die Frage: Was machen wir nicht mehr?“ 

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Juni 6, 2023 | Allgemein, Leadership und Organisationsentwicklung

Dr. Christoph Weiss verfügt über langjährige Erfahrung in der Industrie, unter anderem bei Daimler und Festool. Er hat viele internationale Projekte beratend begleitet – in der Chemie, der Automobilbranche und der Elektrotechnik – und verfasste den Bestseller: „Verdammt zur Spitzenleistung“. Dr. Weiss ist Geschäftsführer der Firma Fein, die vor 150 Jahren gegründet wurde und weltweit einen exzellenten Ruf in der Herstellung von Elektrowerkzeugen besitzt. Im folgenden Interview spricht er über den Mut zu einer klaren Fokussierung und wie sich diese positiv auf die Kosten, die Komplexität und den Erfolg eines Unternehmens auswirkt. 

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Interview mit Dr. Christoph Weiss, Geschäftsführer der C. & E. Fein GmbH 

Wie sind Sie zu der Firma Fein gekommen?   

Dr. Christoph Weiss: 2014 bin ich als Bevollmächtigter in das Aufsichtsgremiums berufen worden. Von Anfang an habe ich es bedauert, dass das Potenzial, das in dieser Firma steckt, über viele Jahre nicht gehoben wurde. Ich habe gelegentlich Kritik an der Geschäftsführung geäußert, was dazu geführt hat, dass meine Kollegen im Gremium eines Tages sagten: „Ja, wenn Sie sowieso alles besser wissen, dann machen Sie es doch mal selbst!“ Und so habe ich im November 2020 als CEO bei der C. & E. Fein begonnen. 


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Mit Hilfe von Staufen haben Sie die Kostentreiber analysiert. Was war der Ausgangspunkt? 

Dr. Christoph Weiss: Unser Ausgangspunkt war die nüchterne Diagnose: In welchen Märkten, mit welchen Kunden, Produkten und Produktgruppen verdienen oder verlieren wir Geld? Wir haben entschieden, uns aus 60 Importländern zurückzuziehen, um den Vertrieb zu streamlinen. Das gleiche haben wir bei den Produkten gemacht. Fein war sehr erfolgreich mit der sogenannten Hochfrequenztechnologie, doch diese stand am Ende des Life Cycle. Aus dieser Produktgruppe sind wir auch ausgeschieden, genauso wie aus einigen anderen Produkten, die zum Teil 30 Jahre und älter waren. 

Welcher Nutzen ist für die Firma Fein daraus entstanden? 

Dr. Christoph Weiss: Wir konnten die Arbeitsvorbereitung, die Arbeitspläne, die Fertigung und Qualitätssicherung reduzieren und dadurch die Komplexität aus der Firma entfernen. Ich sage mal über den Daumen gepeilt: Wir haben 10 Millionen Umsatz weggenommen, aber auf diese Weise auch Kostenfreiräume für weiteres Wachstum geschaffen. Somit haben wir eine Fokussierung auf Produkte bewirkt, die hervorragend im Markt etabliert sind. 

Schon bei Festool haben Sie mittels Marktsegmentierung großen Erfolg bewirkt. 

Dr. Christoph Weiss: Das war im Jahr 1991. Da bin ich schon ein bisschen stolz drauf. Ich war – glaube ich – der erste im Markt für Elektrowerkzeuge, der gesagt hat: „Nein, wir produzieren keine Elektrowerkzeuge mehr für alle Branchen und für jedermann! Wir wollen der Leistungsführer sein, der die besten Elektrowerkzeuge für Schreiner, Maler und Karosserielackierer herstellt.“ Also haben wir den Markt segmentiert nach Branchen und Anwendungen. Damals lag der Markt für Elektrowerkzeuge bei ungefähr 4 Milliarden – davon hatten wir 1 Prozent. Und dann sagen wir: „Wir fokussieren uns auf eine Nische!“  

Eine mutige Entscheidung! 

Dr. Christoph Weiss: Das ist in der Tat eine mutige Entscheidung gewesen. Wir sind immer dem Motto gefolgt: Erkenne das Problem deines Kunden, löse es besser als alle anderen, und du kannst deinen Erfolg nicht mehr verhindern. Wir haben sehr genau verstanden, welche Anforderungen die Handwerker an Elektrowerkzeuge, das Zubehör und das Verbrauchsmaterial haben, und es ist uns gelungen, diese zu erfüllen. Eine ursprünglich kleine Nische ist durch intelligente Problemlösungen immer größer geworden. Heute macht Festool sehr wahrscheinlich 1 Milliarde Umsatz; ausgehend von 45 Millionen vor 30 Jahren. 

Mit welcher Strategie kann ein Unternehmen die Segmentierung erfolgreich meistern?  

Dr. Christoph Weiss: Ausgangsbasis ist sicherlich immer das bestehende Kunden- und Produktportfolio. Ich muss meine bestehende Kundschaft segmentieren. Im Markt für Elektrowerkzeuge oder generell technische Produkte ist das meistens ein Würfel. Ich habe irgendwelche Produktgruppen, die ich an spezielle Industrien oder Industriegruppen verkaufe. Dahinter steht meistens eine bestimmte Anwendung. In diesem Würfel muss ich meine kleinen Ecken suchen, in denen ich mich entsprechend positionieren kann.  

Was ist der nächste Schritt in diesem Prozess? 

Dr. Christoph Weiss: Wenn ich diese Grunddefinition getroffen habe, kommt es entscheidend darauf an, von außen nach innen zu denken: Was brauchen die Kunden? Wie kann ich das optimal erfüllen? Viele Unternehmen denken immer noch von innen nach außen. Also, ich habe irgendeine Idee und suche quasi meinen Markt. Wenn ich aber mit den Kunden Tiefeninterviews führe, verstehe ich, was sie brauchen. Das verändert sich mit der Zeit. Dann ist es meine Aufgabe als Anbieter, mich weiterzuentwickeln und meinen Kunden zu folgen. 

Was ist Ihr Expertenrat an Unternehmer für eine erfolgreiche Strategieumsetzung? 

Dr. Christoph Weiss: Strategie beginnt mit der Antwort auf die Frage: Was machen wir nicht mehr? Genau an dieser Frage scheitern die meisten Unternehmer. Sie klammern sich an jeden Euro Umsatz und tun sich schwer damit, irgendetwas aus dem Portfolio zu nehmen und auf Kunden zu verzichten. Doch nur dadurch entsteht die notwendige Kraft. Bildhaft gesprochen: Wenn ich Wasser in einem leistungsstarken Hochdruckreiniger verdichte, kommt vorne 1000 Bar Wasserdruck heraus. So funktioniert Strategie. Ich muss die Energie im Unternehmen bündeln und hoch fokussiert auf einen Punkt richten. Auf diese Weise werde ich auch als kleines Unternehmen überdurchschnittlich rentabel und erfolgreich sein. 

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Moderation

Janice Köser

Manager Academy

Staufen AG

Gesprächspartner
Portrait Dr. Christoph Weiss

Dr. Christoph Weiss

CEO

C & E Fein GmbH

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